SCHRAMBERG – Eine kulturelle Institution feiert in diesem Jahr Geburtstag: Die Theaterwerkstatt wird 30. Um eine Kerngruppe versammeln sich seit den 80er Jahren immer wieder ambitionierte Laien, um gemeinsamt Theater zu spielen. Der Mitbegründer und Regisseur der Theaterwerkstatt, Harald Frommer, erzählt die Geschichte der Gruppe:
Angefangen hat alles mit einem Treffen der Ehepaare Andreae und Frommer und der Idee, den Einakter „Der Heiratsantrag“ von Tschechow im Freundeskreis szenisch zu lesen. Das Spektakel kam bei den Freunden so gut an, dass sie beschlossen, sich mit einer Inszenierung an die Öffentlichkeit zu wagen. Es kam die Zeit der Proben, und da das Stück von einem streitbaren Trio handelt, füllten sich die Häuser Andreae und Frommer von Zeit zu Zeit mit solchen Geschrei, dass die Nachbarn um den Bestand der jeweiligen Ehe fürchten mussten.
Am 25.März 1985 war Premiere im Foyer des Schramberger Schlosses. Sechsmal insgesamt gelang es, das Foyer mit einem überaus wohlwollenden Publikum zu füllen, und das Quartett der Anbieter erlag prompt der Verführung zum Weitermachen. Im Sommer 1986 wurden zwei Einakter von Curt Goetz inszeniert, dann, nach einer Verschnaufpause, im Herbst 1989 die Posse „Die große Wut des Philipp Hotz“ von Max Frisch. Getreu dem Motto „Frisch gewagt ist halb gewonnen“ wagte sich das inzwischen gewachsene Team danach an Größeres, wiederum von Frisch, nämlich an das Lehrstück „Biedermann und die Brandstifter“. Seine Aufführung im Sommer 1991 brachte einen bisher nicht gekannten Bedarf an Bühnentechnik; schließlich galt es, ein Inferno im Schloss ausbrechen zu lassen, ohne Schaden zu verursachen.
Und es kam, wie es kommen musste: Die nächste Inszenierung sprengte die Möglichkeiten des Spielraums im Schloss. Die Premiere von „Die Kunst der Komödie“ von Eduardo de Filippo fand 1993 in der gerade eröffneten Kultur-Szene Majolika statt. An diesem Ort zeigte die Theaterwerkstatt die folgenden Inszenierungen , darunter die antifaschistische Komödie „Klawitter“ von Georg Kaiser (Frühjahr 1995) und „Kunst“ von Yasmina Reza, handelnd von drei Männern, die über ein weißes Bild in Streit geraten.
Mit der Satire „Die Kleinbürgerhochzeit“ (2000) beginnt die Bertolt-Brecht-Periode in der Geschichte der Theaterwerkstatt. Sie „gipfelt“ im Wortsinn in der Besteigung des Hatelma-Bergs am 14. November 2001, dem Tag der Premiere des Volksstücks „Herr Puntila und sein Knecht Matti“. Auf Brecht folgte Friedrich Dürrenmatt mit zwei Dramen, zunächst „Die Physiker“ (2003), dann „Der Besuch der alten Dame“ (2005). Daneben und dazwischen liegt, gleichsam als Vorspeise, die Aufführung des Zweipersonenstücks „Karin“ von Arie Chen. Die „alte Dame“ war die bislang aufwändigste Inszenierung. Es galt, eine ganze Gemeinde auf die Bühne zu bringen, noch dazu auf verschiedenen Schauplätzen, insgesamt 22 Schauspieler machten mit.
Der Theaterwerkstatt kam dabei ein Glücksfall zu Hilfe, nämlich das Angebot der Stiftung St. Franziskus, auf der Bühne im Saal des neuen Elisabetha-Glöckler-Hauses zu spielen. Im gleichen Raum und im gleichen Jahr erinnerte ein Abend mit Tschechow-Einaktern an das nunmehr zwanzigjährige Bestehen der Theaterwerkstatt – nur dass im „Heiratsantrag“ die „jungen“ Darsteller von damals durch noch jüngere ersetzt werden mussten.
Die Inszenierung des Lustspiel-Klassikers „Der zerbrochne Krug“ von Kleist im Jahre 2009 brachte in der Rolle des Dorfrichters Adam den letzten Bühnenauftritt von Harald Frommer, er beschränkt sich seitdem auf die Aufgabe der Regie. Erstmals war dies bei der Inszenierung des Kriminalstücks „Die Mausefalle“ von Agatha Christie der Fall (2010). In der Folgezeit entdeckten einzelne Mitglieder der Truppe ihre Liebe zu Ein-Personen-Stücken. Den Auftakt machte Gerhard Ruoff mit Patrick Süskinds „Kontrabaß“ (2011), Klaus Andreae trat in der „Sternstunde des Josef Bieder“ von Eberhard Streul auf (2012), zuletzt spielte wiederum Gerhard Ruoff „Heute weder Hamlet“ von Rainer Lewandowski (2014).
Einen Höhepunkt in der Geschichte der Theaterwerkstatt bildete die „Welt-Uraufführung“ des Lassalle-Dramas von Felix Huby und Hartwin Gromes im Jahr 2013.
Ein weiterer Höhepunkt verspricht die Inszenierung der „Top Dogs“ von Urs Widmer zu werden, die das Ensemble vor ganz neue Aufgaben gestellt hat.
Info: „Top Dogs“ hat am Mittwochabend im Elisabetha-Glöckler-Saal in Heiligenbronn Premiere. Weitere Aufführungen dann am kommenden Freitag, 30. Januar, am Samstag 31. Januar und am Sonntag, 1. Februar. Die Vorstellungen beginnen jeweils um 20 Uhr. Letzte Karten gibt es im Vorverkauf bei der Buchhandlung Klaussner oder an der Abendkasse.