Zahlreiche Einsatzfahrzeuge der Polizei waren am Dienstagnachmittag ums Landgerichtsgebäude an der Rottweiler Königstraße zu sehen. Hintergrund war der Verdacht, ein Zuhörer könne Sprengstoff bei sich haben. Doch nach einer Untersuchung durch Experten des Landeskriminalamtes (LKA) stellte sich alles als harmlos heraus. Auch wurde das Gebäude nicht geräumt, wie zunächst ein Gerücht umging.
ROTTWEIL (him) – Dass beim Landgericht die Anspannung erhöht war, hatte mit einem Vorfall im Zusammenhang mit einem Prozess um versuchen Mord am Vormittag zu tun, wie Landgerichtspräsident Dr. Dietmar Foth auf Nachfrage der NRWZ berichtet.
Verhandelt wird in Rottweil derzeit der Fall eines 24 Jahre alten Angeklagten aus Tuttlingen, der in Untersuchungshaft sitzt. Ihm wird – neben unerlaubtem Anbau von Cannabis – zur Last gelegt, am 30. Oktober 2014 in Tuttlingen versucht zu haben, einen Schuldner mit einem Beil zu töten. Dabei soll sein Opfer durch die Axthiebe lebensgefährliche Verletzungen unter anderem im Kopfbereich erlitten haben.
Der Ablauf am Morgen war nach Angaben von Landgerichtspräsident Foth so: Ein Zuhörer der das Verfahren, das Richter Karlheinz Münzer derzeit führt, besuchen wollte, „hatte ein Pfefferspray dabei und hat dies beim Wachtmeister abgegeben.“ Das sei problemlos gewesen, der Zuhörer hatte auch einen Rucksack bei sich, und hat den dann auch abgegeben. „Im Rucksack war eine Axt“, so Foth.
Und weiter: „Heute Nachmittag hat dann die Polizei den Einlass kontrolliert und dabei hat eine Polizistin in diesem Rucksack noch ein verdächtiges Brillenetui gefunden.“ In dem Etui war eine knetartige Masse. Die Polizei wollte Sprengstoff nicht ausschließen und hat deshalb das LKA in Stuttgart informiert. Die LKA-Experten hätten erklärt, die etwa acht Zentimeter lange Knetmasse im Etui mitsamt dem Rucksack solle in einem ummauerten Raum gebracht werden. Dann sei nicht zu befürchten, dass die geringe Mengen des unbekannten Materials für im Gebäude befindliche Personen gefährlich sein könnte, selbst wenn diese Masse tatsächlich Sprengstoff wäre.
„Das LKA ist dann schnell dagewesen, hat das Etui angeschaut und geröntgt und erklärt, es sei völlig ungefährlich“, berichtet Foth. Nach Ansicht der Polizei könne man das Etui mit der Masse nur mit viel Phantasie als Bombenattrappe werten, strafrechtlich sei dem Rucksackbesitzer wohl nichts anzuhaben. Pfefferspray und Axt habe er ja auch freiwillig abgegeben.
Der Prozess um den versuchten Totschlag sei ungestört von dem Vorfall weitergelaufen: „Ich weiß nicht einmal, ob die Beteiligten davon überhaupt etwas mitbekommen haben.“ Es sei dann das Gerücht aufgekommen, das Gebäude werde geräumt, dem war aber nicht so. „Die Polizei hat keinen Anlass gesehen zu evakuieren“, betont Foth abschließend.
Dass der Gast zu einem Axtprozess eine Axt mitnimmt war für alle völlig normal? Und warum hat er Knetmasse im Brillenetui? Die spannenden Fragen werden hier für mich leider nicht beantwortet.
Es ist natürlich vollkommen unnormal, das bestätigen uns auch Juristen, dass Axt und Knetmasse mitgebracht werden. Ein Sprecher des Landgerichts eben wertete das schlicht als Provokation. Außerdem gehe die Polizei der Sache nach. Der Mann hat immerhin einen umfangreichen Polizeieinsatz ausgelöst. Und wieder eine Sicherheitsdebatte, und, und, und.
… außerdem: Man kann in seinen Rucksack stecken, was man will. Wenn man es freiwillig abgibt, ist das kein Problem. Dasselbe gilt für das Brillenetui. Nur mit sehr viel Phantasie könne man darin eine Bombenattrappe sehen, zitiert Landgerichtspräsident Foth den verantwortlichen Polizeibeamten. Beides steht so auch in unserem Beitrag.