Die Wogen schlügen hoch, die Kritik sei enorm, Büchereinutzer gingen auf die Barrikaden – so berichtet der Südkurier dieser Tage. Noch drastischer vermeldet es der Journalist und Blogger Roland Tichy: „Bücher müssen mal wieder brennen.“ Der Anlass: Die Stadtbücherei Bad Dürrheim ist ausgemistet worden.
Tichy schildert die Vorgänge in der Kurstadt mit harschen Worten: „Bücher brennen wieder in Bad Dürrheim“, schreibt er. Und: „3200 Bücher der Stadtbibliothek wurden vernichtet. Fairerweise muss gesagt werden: Ob sie nur geschreddert oder gleich verbrannt wurden – das entzieht sich unserer Kenntnis. Jedenfalls ging die Aktion ganz offensichtlich überfallartig, geplant und somit ohne Beteiligung der Bibliothekarin vor sich.“
Doch – stimmt das so? Wie der Südkurier berichtet, hat die Aussonderaktion 40 Prozent des Büchereibestands betroffen. Und wie Tichy äzt, sei es darum gegangen, politisch inkorrektes auszumerzen: „Diesmal richtete sich die Aktion“, so der Blogger, „gegen Bücher mit ‚falscher‘ Schreibweise. Das sind solche, die beispielsweise das Wort ‚Neger‘ enthalten.“ Es habe Erich Kästner getroffen, Autor von „Das fliegende Klassenzimmer“, „Pünktchen und Anton“, „Das doppelte Lottchen“. Tichys Schlussfolgerung: „Offenkundig gelten seine Bücher in Baden-Württemberg als Provokation und Verstoß gegen den staatlich verordneten Zeitgeist der schulischen Umerziehung zum politisch korrekten Menschen.“ Er setzt die Aussonderung mit Zensur und Bücherverbrennung gleich, um die grün-rote Landesregierung zu kritisieren.

Tatsächlich: 3200 Bände sind aus dem Bestand entfernt: worden. Doch: Aktualität, Häufigkeit des Ausleihens, Zustand und alte Rechtschreibung waren die Kriterien. „Der Vorwurf, Kinder- und Jugendbücher etwa von Erich Kästner oder Otfried Preußlers Kinderbuch-Klassiker ‚Die kleine Hexe‘ oder ‚Der Räuber Hotzenplotz‘ einfach nur schematisch aussortiert zu haben, geht völlig fehl und ist deshalb auch unzutreffend“, schreibt am Donnerstag das für die Aktion verantwortliche Regierungspräsidium Freiburg. Der Bestandscheck, wie die Behörde die Aktion nennt, habe sich auf die Sachbuch-Literatur beschränkt. „Diese Altbestände – beispielsweise veraltete Sachbücher aus den Bereichen Informatik, Recht oder auch Reiseführer – seien darauf hin dem Altpapier zugeführt worden. „Auch“, so die Freiburger Behörde, „weil sich hierfür erfahrungsgemäß keine Bücherfreunde mehr begeistern lassen .“
Die Stadt Bad Dürrheim, das Regierungspräsidium Freiburg und die im Stadtrat vertretenen Parteien weisen in einer gemeinsamen Erklärung daher die in Medien und Blogs verwendeten Begrifflichkeiten, die teilweise Vergleiche zur Bücherverbrennung der Nationalsozialisten aufgeworfen haben, zurück. „Diese Kritik“, heißt es in der Stellungnahme, „ist sowohl inhaltlich als auch in der geäußerten Form abzulehnen.“ Der Stadt Bad Dürrheim und dem Regierungspräsidium Freiburg sei es bei der Aktion um eine Attraktivitätssteigerung der Bibliothek gegangen, schreibt das Regierungspräsidium.
Der Vorgang schlug derweil Wellen im Internet, von einer „Grün-roten Schande“ ist zu lesen. Und manch ein Re-Blogger, also Zitierender des Ursprungstextes Tichys, setzte noch gerne einen drauf. So schreibt ein Anonymus: „Bin ich vor kurzem noch bespöttelt worden dafür, dass ich es wagte die Gender-Ideologie mit dem Dritten Reich in Verbindung zu bringen, haben nun Genderisten in Bad Dürrheim meine Bedenken bekräftigt. Wie Roland Tichy auf seinem Blog, Tichys Einblick, berichtet, ist es in der dortigen Stadtbibliothek zu Ereignissen gekommen, die den Vergleich mit den Bücherverbrennungen der Nazis nicht scheuen müssen.“ Und weiter: „Vermutlich auf Befehl der grün-roten Landesregierung in Stuttgart“ seien Bücher aus dem Programm genommen worden, „die den ideologischen Ansprüchen der Regierung Kretschmann nicht genügen.“ Eine „Abscheulichkeit“ sei das.
Echt? Nein, erklärt das Regierungspräsidium. Bei der Aktion sei es ausschließlich darum gegangen, den Bestand der Bücherei aktuell zu halten und ihre Attraktivität zu steigern. Eine Säuberung, eine Art Bücherverbrennung, nein, das war das nicht.
Stangl hat recht, nur wer die „richtige“ Meinung vertritt, sollte in den den Medien zu Wort kommen dürfen. D.h. es ist ja dankenswerterweise bereits überall so, weshalb es derart ins Auge sticht, wenn plötzlich doch einmal anders Denkende/Empfindende zu Wort kommen und ihre Sicht darstellen können.
PS: Ich glaube außerdem auch nicht, dass alle, die die Bücherverbrennung im „Dritten Reich“ verurteilen, eben diese Bücher gelesen haben.
Da hat die NRWZ diesen plumpen Hetzparolen aber arg viel Raum zugestanden. Ich würde mal tippen, dass keiner dieser Hetzer in den letzten 10 Jahren eine Bibliothek von innen gesehen hat.