Ein Gefühl für Zerbrechlichkeit bekommt man bei der aktuellen Ausstellung im Forum Kunst Rottweil. 43 Arbeiten von Aloys Rump sind dort seit Samstag zu entdecken: feine, fragile Gebilde, die zum wachen, behutsamen Schauen einladen. Auch der Krieg in der Ukraine ist Thema.
Denn Aloys Rump hat kurzfristig zwei Arbeiten dazu geschaffen: Anderthalb Meter messende Quadrat-Formate, denen Luftaufnahmen von Kiew und Moskau zugrunde liegen. Man erkennt ein Geäder, in dem man wie in einem Suchspiel nach Dnepr, Moskwa und markanten Straßenzügen forschen kann.
Zentral ist jedoch etwas Anderes: Beide Stadt-Physiognomien hat Rump verfremdet und in Grautöne getaucht. Sie wirken versehrt, wie nach einem Bombardement und erinnern an Bilder von Hiroshima nach dem Abwurf der Atombombe. Das lässt beklemmend an die lange verdrängten Realitäten von Kriegen denken. Konkret etwa an die Menschen in Mariupol. Indem Rump jedoch Kiew und Moskau gleichermaßen verheert nebeneinanderstellt, betont er die Verletzlichkeit allen Lebens – und mahnt zur Empathie.

Zu einfühlsamem Sehen laden auch die weiteren Exponate im Bürgersaal ein. Der 1949 Boppart geborene und dort lebende Aloys Rump, der in Düsseldorf und Berlin unter anderem bei Gerhard Richter studiert hat, wird mit seinen Malereien, Objekten und Installationen, dem Deutschen Informel zugerechnet.
Im Forum Kunst, in dem er seit Mitte der 1980er Jahre immer wieder vertreten war, etwa bei den Aktionen wie zuletzt „kugelrund“, beeindruckt er mit einer eigenen Ästhetik, die zugleich schroff und zart wirkt: In einer großen Werkgruppe etwa tritt Büttenpapier reliefartig aus rundem Bildgrund hervor. Indem er diese Strukturen raffiniert mit Schiefehrmehl und Marmorstaub überzieht, schafft Rump erstaunliche Effekte: Wie Fotos wuchtiger Mondgebirge wirken die Objekte – dabei sind sie hoch empfindlich.
Ähnliche Verweise auf mögliche Irrtümer des Sehens, auf Verletzlichkeit und Endlichkeit finden sich auch in einer Werkgruppe auf der Empore: Hier präsentiert Rump an Schädelplatten erinnernde Objekte, die Zitate von Geistesgrößen tragen. Mit ihnen steigt man in epochemachende Denkgebäude ein. So etwa mit dem Beginn der „Göttlichen Komödie“ hinab in Dantes Jenseitsreise oder mit Sigmund Freud in die Entthronung des Ichs durch die Psychoanalyse. Mittels Spiegeln zwinkert einem von der Innenseite des Schädels dabei der jeweilige Denker entgegen: Man erkennt die einstige Person, und doch ist da eigentlich nur noch ein bleicher Knochen.

So bewegt sich die sehenswerte Ausstellung in sinnigem Gleichklang mit aktuellen Themen- und Stimmungslagen: Einem coronageplagten, von der Gewalt des Krieges erschütterten Publikum führt sie in der Fastenzeit mit subtiler Ästhetik vor Augen, wie vergänglich alles Leben ist – und zugleich wie staunenswert und kostbar.
Info: Die Ausstellung ist bis 8. Mai zu sehen. Geöffnet ist das Forum Kunst dienstags, mittwochs und freitags von 14 bis 17 Uhr, donnerstags von 17 bis 20 Uhr und wochenends von 10 bis 13 Uhr sowie von 14 bis 17 Uhr.