ROTTWEIL. Kleines Drama vor und mit dem Rottweiler Gemeinderat. Gegeben wurde am Mittwoch: die Ur- und nach möglicher Beruhigung der Gemüter eventuell einzige Aufführung von „Denn sie wissen nicht, was wir tun.“
Die Hauptdarsteller: Intendant Peter Staatsmann als Protagonist und Darsteller eines äußeren wie inneren Konflikts, Stadträtin Schumacher als die in die Rolle der Antagonistin Gedrängte und Oberbürgermeister Broß in einer Nebenrolle mit der undankbaren Aufgabe, zu vermitteln. Es ging, nicht wie im klassischen Drama, um Liebe, sondern ganz profan: ums Geld. Die Konfliktsituation: Dem Rottweiler Zimmertheater fehlen die Mittel. Der Kinder- und Jugendtheater-Bereich erwirtschaftet bei einem Umsatz von 90.000 Euro ein Defizit von 25.000. Deshalb baten die Intendanten, Bettina Schültke und Peter Staatsmann, sowie Georg Fröhlich und Mechthild Wolber vom Trägerverein die Stadt um Hilfe. Um eben jene 25.000 Euro. Vor kurzem sah es noch ganz gut aus, sollte das Geld problemlos fließen. Das war vor 14 Tagen das Signal, das Oberbürgermeister Ralf Broß an die Theaterleute sandte. Er ging damals davon aus, dass der Gemeinderat dem Antrag auf die 25.000 Euro zustimmen werde, sagte er dem Schwarzwälder Boten. Doch Broß irrte sich. Der Gemeinderat stellte die Diskussion über den Zuschuss am Mittwoch zurück. Verwies auf im kommenden Jahr anstehende Haushaltsberatungen, auf ein drohendes Millionen-Defizit, wenn die Stadt nicht spart und darauf, dass die Ausgaben gegeneinander abgewogen werden müssten, auch etwa gegen andere Zuschussbitten. Das wäre im klassischen Drama der äußere Konflikt. Das löste das Theaterstückchen aus. Einen Einakter. Auftritt Peter Staatsmann, der das Wort in der Bürgerfragestunde ergreift. Mit Erstaunen habe er feststellen müssen, dass einzelne Stadträte, namentlich Sibylle Schumacher von der CDU, nicht wüssten, wie das kleine Rottweiler Theater wirtschafte. Erschüttert habe ihn das. Raunen im Rund. Zwischenrufe aus dem Chor der Stadträte. Etwa auch von Schumacher, die erwidert, das niemals gesagt zu haben. Vielmehr habe Staatsmann ihr das vorgehalten. Staatsmann sammelt sich. Blick zunächst zum Boden, dann richtet er sich auf. Er wolle jetzt klarstellen … Weiter kommt er zunächst nicht. Broß unterbricht ihn. Ob das, was er da sagen wolle, nun wirklich in der Öffentlichkeit gesagt werden müsse. Doch, es muss, Staatsmanns innerer Konflikt, gutes Theater für wenig Geld zu bieten, bricht sich Bahn. Er ruft: „Wir erwirtschaften die Hälfte unseres Budgets selbst! Es entsetzt mich, dass das hier nicht bekannt ist!“ Es fehlt noch ein „Banausen!“, ein Wurf eines Umhangs über die rechte Schulter, die Ansätze dazu aber sind da. Die Attacke doch, sie läuft scheinbar ins Leere. Der Gemeinderat vertagt die Debatte über einen erhöhten Zuschuss, Staatsmann und Co. verlassen den Saal. Schweigend. Ende und aus. Was der Zuschauer nur über die ausgelegten Programmblätter erfährt: Dem Zimmertheater entstehen durch seine Kinder- und Jugendtheaterproduktionen jährliche Kosten von 130.000 Euro. 40.000 davon werden bereits durch Einnahmen gedeckt – Intendant Staatsmann wird sich in seinem Monolog auf die Gesamteinnahmen bezogen haben. Das ergibt ein jährliches Defizit von 90.000 Euro. Diese will das Theater ausgleichen durch höhere Einnahmen (8000 Euro), einen um 7000 Euro erhöhten Zuschuss vom Landkreis, die nochmalige Beantragung eines Zuschusses vom Land über 30.000 Euro, der früher bereits abgelehnt worden ist, und eine Sammlung unter den Gastspielorten der Region (20.000 Euro). Bislang zahlt die Stadt Rottweil jährlich 40. 000 Euro an das Zimmertheater aus, zudem gibt es 37.000 Euro, die über die Mietkosten verrechnet werden. Es stehen demnach künftig insgesamt 102. 000 Euro im Raum. Dafür leistet das Theater etwa im Kinder- und Jugendbereich aber auch eine Menge. 15 Kindergärten aus Stadt, Kreis und Region waren zuletzt im Zimmertheater zu Gast. Und 48 Schulen. Staatsmann rechnet vor: ‘Damit waren in unseren KiJu-Vorstellungen – 10 Faust-Vorstellungen, fast 40 Tulane-Vorstellungen und 40 Tschick-Vorstellungen – in der vergangenen Spielzeit rund 8000 Schüler und Kinder zu Gast. Umgerechnet sind das mehr als 300 Schulklassen plus 15 Kindergarten-Gruppen, die unser Theater besuchten.’ Nun bleibt die Frage, ob sich Staatsmann mit seinem Auftritt Feinde geschaffen haben könnte. Etwa bei der CDU, die ihr Mitglied Schumacher gestern gegen die Angriffe zu schützen suchte. Im klassischen Drama käme der Figur Schumacher derweil die Aufgabe zu, eine Intrige gegen den Protagonisten zu spinnen und dessen Handeln zu vereiteln. Trotz ihrer Position als Gegenspielerin wider Willen kann die Antagonistin eine positive Figur sein – wenn der Protagonist, gegen den sie opponiert, doch allzu negativ wahrgenommen wird. Spannende Sache, jedenfalls. Sollte das Drama wiederholt oder in einer überarbeiteten Form aufgeführt werden – der Spielort steht schon fest: der Ratssaal im Neuen Rathaus zur Zeit der großen Haushaltsdiskussionen im kommenden Jahr.