Seine kecken, fantasievoll-hintersinnigen Larven aus Fundstücken, von denen er beim Narrentag 2017 vielbestaunt gleich 272 im Forum Kunst auftürmte, haben Willi Bucher populär gemacht. Nun widmet ihm der „kunst raum rottweil“ eine Einzelausstellung.
Und würdigt damit ein „assoziiertes Mitglied der heimischen Kunstszene“, wie die Kuratoren Jürgen Knubben und Bernhard Rüth im Begleitband der Schau formulieren. In der Tat sind wenig Kreative aus der Region in Rottweil seit Jahren so präsent wie der 1943 in St. Gallen geborene Bucher, der in Fridingen an der Donau lebt.
Bei Projekten des Forum Kunst, etwa der „Nebukadnezar“-Flaschenaktion, ist er ebenso vertreten wie bei Ausstellungen zur zeitgenössischen Bildhauerei oder der Gesamtschau zu religiöser Kunst der Moderne im Raum Rottweil 2017. Im selben Jahr gastierte auch ein 2,7 Meter messender, von Bucher aus rotem Sandstein geschlagener „Doppelkopf“ am Kameleck: Ein Gesicht blickte zum Schwarzen Tor, das andere zum Bürgersaal, in dem zeitgleich Buchers „Larventurm“ Eindruck machte – und symbolisierte damit, wie eng für Bucher Kunst und Fastnacht verflochten sind.
Nicht nur temporär, sondern dauerhaft im Stadtraum verankert ist die 1993 bei einem Symposium vor Ort entstandene monumentale Maske im Innenhof des Dominikanermuseums: Ein mit Blei überzogenes Konterfei, das seither abblättert und altert – und damit wunderbar verkörpert, wie spielerisch-entlarvend und zugleich existenziell ernst sich Bucher mit dem Mummenschanz auseinandersetzt, den wir alltäglich betreiben, indem wir Rollen spielen und uns verstellen.
Die Schau im Dominikanermuseum präsentiert nun jedoch keine der beliebten Larven Buchers, sondern lenkt den Blick auf den Bildhauer Bucher. 30 Arbeiten aus Marmor, Muschelkalk, Granit und verschiedensten Kalkgesteinen aus einem Zeitraum von vier Jahrzehnten sind versammelt – weswegen die Ausstellung auch die Präzisierung „Steinwerke“ im Nebentitel führt.
Steinig wird die Sache dennoch nicht. Denn was Bucher aus dem Material herauskitzelt, ist nicht weniger einfallsreich als seine Larven. In einer Serie dekliniert er etwa Grundformen durch: Ringe, Schlaufen, Röhren – hoch präzise Gebilde, die mit chirurgischer Genauigkeit aus dem Stein herausgeschnitten scheinen und wirken, als könnte man sie gleich passgenau in einer Anlage verbauen. In einer anderen Reihe nimmt er auf Hilfsmittel Bezug: Mit einem auf Hochglanz polierten Steinbeil aus Bergischem Granit etwa, oder einem grob aus Muschelkalk gebrochenen Keil.
Das Spektrum der Transfers von der Alltagswelt in die steinerne Dimension reicht bis hin zum Banalen: eine Zahnpasta-Tube etwa, aber 1,7 Meter messend und von Bucher aus Kalkstein und Carrara-Marmor gehauen. Oder zwei jüngst entstandene Bleistifte – ebenfalls mannshoch, aus Belgisch Granit. Und aus Blei.
Zum überraschenden Objekt kommt die Faszination am Material und an den ganz verschiedenen Texturen der Oberflächen: mal poliert wie ein Spiegel, mal sanft geraut, mal scharfkantig, mal unbehauen und grob.
Dass Willi Buchers „Steinwerke“ dabei nicht isoliert zu sehen sind, verdeutlichen exemplarische Arbeiten von acht weiteren Künstlern: Objekte von Franz Bucher, Elmar Daucher, Thomas Finkbeiner, Hans Michael Franke, Nikolaus Kernbach, Hans-Jürgen Kossack, Wendelin Matt und Axel F. Otterbach hat das Kuratoren-Duo Jürgen Knubben und Bernhard Rüth zusammengetragen.
Dass keine Frau vertreten ist, wird man verschmerzen müssen. Zum Kreis von Buchers titelgebenden Künstlerfreunden zählen sie augenscheinlich jedenfalls nicht.
Info: Die Ausstellung ist wird am 17. März um 11 Uhr eröffnet. Sie ist bis 23. Juni dienstags bis sonntags von 11 bis 17 Uhr zu sehen. Es erscheint ein Katalog.