Rottweil – Beinahe wäre der Start der Sommersprossen dem Brandschutz zu Opfer gefallen: Der Saal, die erstmals hierfür genutzte Alte Spulerei im Neckartal, schien zu viele Risiken zu bergen. Zum Glück konnten sie eingedämmt werden. Unter den wachsamen Augen der Feuerwehr gelang ein glänzender, feuriger Auftakt.
Das ließen schon die ersten Takte erahnen: Von Lebenskraft und Leichtigkeit ist Felix Mendelssohn Bartholdys Streichquartett in D-Dur getragen, mit dem die diesjährige Reihe begann. Als er das Stück komponierte, war Mendelssohn in Hochstimmung: Gerade Vater geworden, gerade zum Kapellmeister des Leipziger Gewandhauses avanciert, ging ihm musikalisch das Herz über.
Zugleich fand er eine Balance aus klassischem Modell und eleganter eigener Handschrift. Diese Mischung brachte das hochkarätige Auryn Quartett facettenreich zur Geltung. Matthias Lingenfelder und Jens Oppermann (Violine) sowie Stewart Eatin (Viola) und Andreas Arndt (Violoncello) ließen das Werk vor Energie sprühen und fächerten eine weite Gefühlsspanne auf. Auch wenn nicht jede Geigen-Kantilene lupenrein ausgeleuchtet war: Die Interpretation begeisterte.
Das zweite Werk, Benjamin Brittens Phantasy Quartet (op. 2) bildete in der Dramaturgie des Abends einen moderat modernen Kontrapunkt. Mit diesem Werk machte der – wie Mendelssohn –bis heute oft unterschätzte Brite 1932 als 19-järhiger auf sich aufmerksam: Mit einer Tonsprache, die mit Traditionen bricht, aber den tonalen Rahmen nicht über Bord wirft.
Britten beginnt und endet ganz leise, führt eine starke Motorik ein, experimentiert mit percussiven Elementen. Violine, Viola und Cello stellt er die Oboe (Ingo Goritzki) gegenüber, die das vibrierende Klanggewebe mit sanglichen Bögen überwölbt – eine spannende Hörerfahrung.
Und dann Brahms! Das Klavierquintett in f-Moll (op. 34) des Hanseaten bildete den zweiten Teil des Konzertabends – ein zurecht viel gerühmtes Werk, ein Glanzstück der Kammermusik. Welche Weite, welch orchestrale Fülle!
Pianist Peter Orth und die Streicher zeigten sich in Hochform. Fein abgestimmt brachten sie die dichte und dabei so natürlich wirkende motivisch-thematische Findungsgabe Brahms‘ zur Geltung. Mit Noblesse entfalteten sie den melodischen Reichtum und nahmen die Hörer mit in das Schwingen dieser Musik. Nicht nur das hymnische Finale ging unter die Haut. Die zahlreichen Gäste – unter ihnen auch Alt-Ministerpräsident Erwin Teufel – dankten mit großem Applaus. Die Musiker wiederum revanchierten sich mit dem charmanten, gutgelaunten Scherzo aus dem Klavierquintett von Antonin Dvorak. Dieser grandiose Start machte große Lust auf die weiteren sieben Sommersprossen-Konzerte.