ROTTWEIL – Historiker Dr. Winfried Hecht und Forumsmitglied Heide Friederichs führten interessierte Bürger durch die historische Innenstadt: vom Alten Spital über den Kameralamtsgarten und die Lorenzkapelle in den Bockshof. Durch die profunden Erläuterungen von Winfried Hecht wurde Rottweiler Stadtgeschichte lebendig und deutlich, wie die aktuellen Entscheidungen in Stadtverwaltung und Gemeinderat die historischen Bezüge in den nächsten Jahren verändern werden.
Das Spital wurde 1275 erstmals urkundlich erwähnt. Es wurde aus der Bürgerschaft gegründet und unterstand bis zur Kommunalisierung um 1317 dem Diözesanbischof in Konstanz. Von jeher hatte sich die Rottweiler Bürgerschaft mit erheblichen Vermögenswerten am Aufbau des Stiftungsvermögens, das für den Betrieb des Spitals notwendig war, beteiligt. Dass die Versorgung alter, kranker, mittelloser oder anderweitig bedürftiger Bewohner zu den originären Aufgaben eines Gemeinwesens gehört, war den Rottweilern schon im Mittelalter bewusst.
Die bedeutenden Vermögenswerte, die auch große Wald- und Grundstücksbesitze umfassten, hätten immer wieder Begehrlichkeiten der Stadt geweckt, und so sei der ursprünglich getrennte Haushalt in vielen kleinen Schritten in den städtischen übergeleitet worden , erläuterte Hecht während des Rundgangs. Die ursprüngliche Spitalkapelle St. Anna wurde 1839 im Zuge des Neubaus abgerissen, Teile des Kirchenschatzes und des Inventars sind in der aus dem Siechenzimmer entstandenen neuen Kapelle untergebracht.
Der Ausstrahlung dieses stillen Kleinods im städtischen Freitagnachmittagstrubel konnten sich die Beteiligten nicht entziehen. So wurde schnell die Frage laut, was aus der Kapelle wird, wenn es zu der geplanten Umnutzung in ein Hotel kommen würde. Eine lebhafte Diskussion entstand, und es wurde deutlich, dass die Stadt dieses historische Herzstück nicht aus rein monetären Überlegungen aus der Hand geben sollte. So hätte man sich wohl etwas dabei gedacht, dem Rottweiler Stadtadler ein Kreuz und kein Geldsäckel auf die Brust zu legen, brachte es ein Teilnehmer auf den Punkt.
Im Einvernehmen aller Rundgangteilnehmer fordert Forum für Rottweil, die Spitalkapelle als stillen, meditativen, Konfessionen-übergreifenden Raum inmitten der Stadt in städtischer Trägerschaft zu erhalten und ständig für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Im Kameralamtsgarten informierte FFR-Stadtrat Reiner Hils über die geplanten Auf-und Anbauten des Hotels Johanniterbad. Dazu wird ein Teil des historischen Kameralamtsgartens, auf dem ehemals die Johanniterkirche stand, überbaut. Von diesen Plänen und den daraus resultierenden Kündigungen der Pachtverträge sei man bisher nur von Landesseite informiert worden, kritisiert einer der Pächter die intransparente Informationspolitik der Stadtverwaltung.
Vor der Lorenzkapelle, die bedeutende Exponate Rottweiler Bildhauer und Steinmetzkunst enthält, erläuterte Heide Friederichs die neuen Öffnungszeiten der Kunstsammlung, jeden 1. Und 3. Sonntag im Monat von 14-16 Uhr; diese seien nur durch das Engagement ehrenamtlich tätiger Bürger zustande gekommen. „Der Stadt sei ja mehr an einem freien WLAN gelegen als an den Orten, die Touristen in der Stadt sehen wollten“, so Friederichs weiter.
Vor der anvisierten Andockstelle der Hängebrücke begeisterten sich die Teilnehmer an der grandiosen Aussicht ins noch unbebaute Neckartal. Die filigran erscheinende Bauweise der Andockstelle, die im Zuge der Offenlage und in der Bürgerversammlung vermittelt wurde, hielten die Teilnehmer im abschließenden Resümee für Augenwischerei. Der optische Eingriff sei erheblich und stehe durch den mehrfach veränderten Brückenverlauf und fehlender Anbindung an das Berner Feld in keinem Verhältnis mehr, so FFR- Stadtrat Reiner Hils.