SCHRAMBERG (pm) – Deutschland war in den 1950er-Jahren ein Land der Gegensätze zwischen Kriegstrümmern und Wirtschaftswunder. Die Jugend in Westdeutschland fand Gefallen am amerikanischen „Rock’n’Roll“ und auch sonst ging es in der späten Nachkriegszeit endlich wieder bergauf. Mit dieser Zeit beschäftigt sich eine Sonderausstellung des Auto- und Uhremuseums in Schramberg.

Die Löhne stiegen, die Arbeitszeit sank und eine neue Lässigkeit ergriff die Deutschen -zumindest die deutschen Jugendlichen, heißt es in einer Pressemitteilung. Zwischen Nierentischen und Spitzendecken entdecken sie ihre Vorliebe für amerikanische Musik, Filme und Verhaltensweisen.
Sie trugen Lederjacke, Jeans, Stiefel, den obligatorischen Plastikkamm in der Gesäßtasche und eine Frisur, die man als Ente bezeichnete. Der Kleidungsstil orientierte sich an amerikanischen Schauspielern wie Marlon Brando in „Der Wilde“ (1953) oder James Dean in dem Film „Denn sie wissen nicht was sie tun“ und die Haartolle erinnerte an die von Elvis Presley. Der Rock´n‘ Roll wurde ihre Hymne. Diese starke Expressivität der Jugendlichen war zu viel für die prüde Wohlanständigkeit des Adenauer-Deutschlands.

Doch aufhalten konnte sie niemand: Mit Nietenjeans und Petticoat bewaffnet, waren sie die Ersten, die eine eigene, deutlich sichtbare Jugendkultur in der Bundesrepublik etablierten.
Schnell fand man eine Bezeichnung für diese aufmüpfigen Jugendlichen – „Halbstarke“.
Die „Halbstarken“ und ihr provokatives Auftreten wurden schnell zum Sinnbild einer ganzen Generation. Wenn man der damaligen Presse und den Erwachsenen glauben sollte, verstand es ein echter Halbstarker „richtig auf den Putz zu hauen und nutzlos herum zu gammeln“. Wer deutsche Schlager hörte, hatte in einer Halbstarken-Clique nichts verloren, denn Halbstarke begeisterten sich nun mal für „Rock’n’Roll“.
Die neue Zweirad-Klasse mit MOtor und PEDalen (Moped) wurde 1953 eingeführt. Stabiler und gefälliger als ein Fahrrad mit Hilfsmotor und preiswerter als ein „richtiges“ Motorrad. Eben „halbstark“, so wie die Jugendlichen, die das Moped bald als ihr Lieblingsspielzeug entdeckten. Kein Wunder, provozierten die „Rebellen“ der Nachkriegsgeneration nicht zuletzt durch lautes und herausforderndes Motoren-Geknatter und wilden Moped-Raserei das an Autorität, Fleiß und Ordnung orientierte Weltbild ihrer Eltern bis in die 60er-Jahre hinein.
Das Moped war wohl die schnellste Methode für Jugendliche ins Universum der Freiheit zu entkommen. In den siebziger Jahren schließlich gab sich eine ganze Generation von Jugendlichen dem Geschwindigkeitsrausch hin. Sie bastelten und veränderten ihre zahmen Mopeds. Im Volksmund wurde das „frisieren“ genannt. Die schrill kreischenden Zweitakttriebwerke auf zwei Rädern – wurden zu „Easy Rider- Maschinen mit Hochlenker und Fuchsschwanz oder in regelrechte Rennmaschinen verwandelt. Zweirad-Tuning wurde zum Volkssport, der Geschwindigkeitsrausch zum Klassenziel – oft um jeden Preis. Die Kundschaft der Moped-Firmen war jung, die Kundschaft fuhr wild – von drei Kleinkraftradpiloten war einer pro Jahr in einen Unfall verwickelt. Nicht zuletzt dadurch brach der Moped-Markt in den 80ern zusammen. Die Versicherungsprämien stiegen ins Unbezahlbare.
In der neuen Sonderausstellung führt das des Auto und Uhrenmuseums mit über 40 Mopeds aus drei Jahrzehnten zurück an den Beginn der Massenmotorisierung der 50er- bis in die 70er-Jahre und stellt die Jugend und ihre Mopeds dabei in den Mittelpunkt.

Mit dabei sind laut Museumsleiter Harald Burger auch einige Highlights: Eine Honda Dax mit Seitenwagen, von der nur ein Exemplar von Honda gebaut wurde oder eine Honda Monkey 24 Karat vergoldet, die Auftragsarbeit für einen Scheich.