Schwarzes Auto mit Kennzeichen KA für Karlsruhe. Es steht in der Unteren Hauptstraße in Rottweil — und immer wieder blitzt es rot aus seiner Heckscheibe heraus. Ganz klar: ein Radarwagen, der Schnellfahrer dokumentieren soll. Doch: Warum blockiert der gleich zwei Parkplätze?
Rottweil (gg). So einen Blitzer, den melden sie sofort auf Facebook. Warnen andere Autofahrer vor. Manchmal stehen die Ordnungshüter gerade mal fünf Minuten an einem Ort, da kommt schon die Warnung vor ihnen im sozialen Netzwerk. Einer hat das am Mittwochmittag offenbar nicht gelesen: Mit stolzen 53 Sachen flog der Fahrer sozusagen durch die 20-er-Zone Untere Hauptstraße in Rottweil. Macht abzüglich Toleranz ein Bußgeld von 100 Euro und einen Punkt in Flensburg. Nur einen Kilometer pro Stunde schneller, und der Führerschein wäre für einen Monat weg gewesen.

So ein Schnellfahrer, der schreckt Christian Pflumm vom Gemeindevollzugsdienst der Stadt Rottweil längst nicht mehr. Der Raser ist einer von einigen an diesem Mittag. Pflumm macht eben seinen Job, er hat das alles schon oft gesehen.

Dieser Job bedeutet Kritik. Zum Beispiel über Facebook. „In Rottweil gibt es doch eh schon viel zu wenig Parkplätze und dann braucht ein Blitzer-Auto zwei Parkplätze, des kann es doch echt nicht sein“, wendet sich eine Leserin an die NRWZ. Der Redakteur guckt nach — und tatsächlich, der schwarze Blitzerwagen steht so blöd, dass er zwei Stellplätze blockiert. Muss das sein?
Doch, leider muss das sein. Pflumm zeigt das geduldig auf: Die Radarfalle braucht vorne und hinten einen ausreichenden freien Winkel zur Fahrbahn hin, um überhaupt funktionieren zu können. Andere Autos dürfen da nicht parken — und entsprechende Fahrer werden von Pflumm und seinem Begleiter von der Radarwagen-Firma freundlich weiter geschickt.
Pflumms Job ist gesprächsintensiv, er kommt mit vielen Leuten in Kontakt: Mit der Geblitzten aus Dornhan, die sich beschwert, dass sie geblendet worden sei. Dass sie die gewünschte Einfahrt und deshalb ihren Termin verpasst habe. Ziemlich angefressen ist sie, zieht dann aber dennoch von dannen. Oder mit den Leuten aus der Schweiz, die nochmal ganz genau nachhaken, ob sie ihren Wagen hinter dem Blitzerauto stehen lassen dürfen. Wirrrklich? Ja, wirklich, so Pflumm, „wir bauen jetzt eh ab, wir wollen noch in eine 30-er-Zone.“ Oder mit dem Mann von der ENRW, der von seinem Duz-Kumpel Pflumm eigentlich wissen will, ob er geblitzt worden ist. Der sich dann aber irgendwie nicht traut, die Frage direkt zu stellen, weshalb sie unbeantwortet bleibt. Er wird es bald erfahren.
Pflumm ist nicht nur Gemeindevollzugsbeamter, sondern auch Fahrlehrer von Beruf. Er hat deshalb die Bremswegformel im Griff und wendet sie Fragenden gegenüber gerne an. „Die Leute machen sich da keine Gedanken“, sagt er, „erst wenn was passiert ist. Aber dann sind auch oft die anderen Schuld — die Eltern, die das Kind haben springen lassen, zum Beispiel. Der Fahrer selbst, der sieht die Schuld eigentlich nie bei sich.“
Deshalb werden Pflumm, sein Begleiter, der nicht namentlich genannt werden will, und der von einer Firma geliehene Wagen weiter im Rottweiler Stadtbild auftauchen. Sie werden auch mal zwei Parkplätze blockieren, und dafür auf Facebook kritisiert werden. Alltag einer Blitzertruppe.