ROTTWEIL (pm) — Sein sommerliches Führungsprogramm setzt der Geschichts- und Altertumsverein am kommenden Sonntag um 11 Uhr mit einem Rundgang fort, der den einstigen Rottweiler Zunfthäusern gilt. Treffpunkt zu dieser etwa einstündigen Veranstaltung mit dem Ehrenvorsitzenden des Geschichtsvereins, Dr. Winfried Hecht, ist das Stadtmuseum.Jedermann ist dazu herzlich eingeladen.
Nachdem Rottweils Zünfte bis in die Zeit König Rudolfs von Habsburg zurückreichen, dürften ihre Niederlassungen in der damals blühenden Stadt am oberen Neckar nur wenig jünger sein. Trotzdem ist der Allgemeinheit über sie heute deutlich weniger bekannt, etwa im Vergleich zu Kirchen und Kapellen oder über „profane“ Baulichkeiten wie Türme und Tore oder das Rathaus und das Spital.
Das mag damit zusammenhängen, dass die Zunfthäuser oder Trinkstuben der Zünfte teilweise schon an der Schwelle zur Neuzeit in Wirtshäuser umgewandelt wurden, in welchen neue Eigentürmer für die ursprünglich hier beheimateten Zünfte nur noch besondere Stuben vorgehalten haben.
Noch einschneidender für die Geschichte der Zunfthäuser ist in vielen Fällen der Umstand, dass sie abgebrochen wurden oder abgebrannt sind. Wie das Beispiel des „Mohren“, wo die Bäcker und Müller tagten, oder der „Blume“, wo Schneider und Kürschner „daheim“ gewesen sind, zeigt, trafen sich Rottweils Zunfthandwerker jedoch in anspruchsvoll gestalteten Räumen, die durchaus den Vergleich mit Zunftstuben anderer Reichsstädte und Wirtschaftsmittelpunkte aushalten konnten. Natürlich stellt sich an Hand der Lage der einzelnen Zunfthäuser auch die Frage nach ihrem Bezug zum wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Geschehen in einer Stadt wie Rottweil.
Kaum eine Vorstellung haben wir heute vom Leben in diesen Häusern, in denen sich die Meister der jeweiligen Zunft trafen – zu Beratungen und politischen Entscheidungen, zu Frohsinn und Gesang in ihrer Freizeit oder zur ersten Kontaktaufnahme mit wandernden Gesellen nach ihrer Ankunft in Rottweil. Hier wurden aber auch Embleme und Insignien der jeweiligen Zunft wie die Zunftfahne, das Zunftzeichen, das Zunftsiegel oder das Statutenbuch aufbewahrt.
An den Festtagen der Zunftpatrone hat man nach dem Kirchgang in den Zunftstuben auch ordentlich gezecht und getanzt, allerdings lange unter Ausschluss der holden Weiblichkeit. Hier wurde im Rahmen der Zunftgerichtsbarkeit aber auch geurteilt und meist mit Trinkbarem gestraft. Ebenso wählte man die Zunftoberen und legte die Haltung der Zunft im Hinblick auf politische Fragen aller Art fest, die dann im Rat der Stadt entschieden wurden.
Teile vor allem des kirchlichen Brauchtums der Rottweiler Zünfte haben sich erfreulicherweise bis heute in beachtlichem Umfang erhalten. Auch vor diesem Hintergrund wird es reizvoll sein, sich einmal damit näher zu beschäftigen, wo sich Rottweils Zunftleben außerhalb der Kirche abgespielt hat.