Sie soll im April diesen Jahres ihr Haus angezündet haben, weil es zwangsversteigert werden sollte. Dafür muss eine 60-Jährige jetzt vor dem Landgericht verantworten. In dem Fall geht es um Alkohol und eine gewisse Gelichgültigkeit – auch ihrem Mann gegenüber, dessen Tod, so die Anklage, die Angeklagte in Kauf genommen haben soll.
Dienstag, Landgericht Rottweil. Die Frau im Strickpulli wird von den Beamtinnen in Handschellen vorgeführt. Sie wirkt selbstbewusst, wenn sie die Fragen von Richter Karlheinz Münzer beantwortet. Offen und ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen erzählt sie von ihren Alkoholproblemen, dass sie manchmal zwei Flaschen Wein am Tag getrunken habe.
Auch an dem Tag im April, da habe sie das Wohnzimmer gründlich putzen wollen, habe sie getrunken. Am nächsten Tag hätten potentielle Käufer das Holzhaus besichtigen wollen, da sollte es glänzen. Deshalb die Putzaktion. Das Ehepaar war in finanziellen Nöte geraten, nachdem der Mann seine Arbeit bei der Telekom aufgegeben hatte, sich als Taxiunternehmer wenig erfolgreich versucht hatte und sie ihre Arbeit in einem Stuttgarter Café wegen Rückenproblemen aufgeben musste.
Einst hatte man gut gelebt von zwei Gehältern – Kinder gibt es keine –, dann das Haus im Remstal verkauft und in der Heimat der Frau im Kreis Rottweil ein neues gebaut. Und dabei Schulden gemacht, da der Bau wohl einiges teurer wurde als geplant. Eine Blockhütte wurde es, eine ganz besondere. Sie brannte denn auch schnell aus.
Mit den Zahlen hapert es bei der Angeklagten, immer wieder kann sie auf die Fragen des Vorsitzenden nicht antworten. Finanzielles, das habe alles ihr Mann gemacht. Ja, Schulden hätten sie gehabt, und dann habe die Bank Anfang 2014 das Darlehen gekündigt, Anfang 2015 stand die Zwangsversteigerung an. Doch das habe ihr nicht so viel ausgemacht, betont sie immer wieder, sie habe das alles hinter sich lassen wollen, ihr Mann habe Frührente beantragt, die beiden wollten nach Kreta umsiedeln, wo sie Freunde hätten und wo man günstig leben könne.
An den Brandtag selbst könne sie sich nicht erinnern. Sie erzählt, wie sie vorgehabt hätte, eine Vitrine mit Spiritus zu putzen. Dann habe sie wohl Lust auf ein Schorle bekommen, mehr wisse sie nicht mehr. Ihre nächste Erinnerung sei der Kaffee, den man ihr am nächsten Morgen im Krankenhaus ans Bett gestellt habe. Das Gericht werde ihre Glaubwürdigkeit genau überprüfen, kündigte Münzer an, auch durch einen psychiatrischen Sachverständigen.
Die Staatsanwaltschaft wirft der 60-Jährigen neben schwerer Brandstiftung auch versuchten Mord vor: Die Frau habe davon ausgehen müssen, dass ihr Mann oben im Haus schlief, während sie, so die Anklage, mit Spiritus als Beschleuniger den Brand im Wohnzimmer gelegt habe. Alternativ dazu: Körperverletzung als Tatvorwurf, denn der Ehemann war gar nicht im Bett, sondern im Nebenhaus am PC, kam aber durch den Rauchgeruch herüber und erlitt dabei Brandverletzungen.
Das Haus ist seit dem Brand unbewohnbar, der Sachschaden liegt bei 400.000 Euro.
Der Prozess wird am Donnerstag, 8. Oktober fortgesetzt.