FREUDENSTADT (him) — Ein Haftrichter hat am Montagabend Haftbefehl gegen einen 17-Jährigen aus dem Raum Horb wegen Körperverletzung mit Todesfolge erlassen. Der Jugendliche wird verdächtigt, am frühen Sonntagmorgen in Freudenstadt am Rand des Stadtfests in der Wallstraße einen 19- jährigen Schüler aus Schopfloch so geschlagen zu haben, dass dieser wenig später im Krankenhaus an einer Gehirnblutung gestorben ist. Nach der Tat hatte die Stadtverwaltung Freudenstadt das Stadtfest, das noch am Sonntag fortgesetzt werden sollte, abgesagt.
Der Verhaftete hat bei der Polizei gestanden, an dem Geschehen beteiligt gewesen zu sein, so der Chef der Staatsanwaltschaft Rottweil, Joachim Dittrich bei einer Pressekonferenz von Polizei und Staatsanwaltschaft am Montagnachmittag.
Dittrich hat gemeinsam mit dem Chef der Kripo, Dietmar Schönherr und dem Leiter der „Sonderkommision Wall“, Herbert Kohler, die ersten Ermittlungsergebnisse bekannt gegeben. Danach geschah die Tat kurz vor drei Uhr in der Früh, der 19-Jährige war dort bei einer Schlägerei schwerst verletzt worden. Eine junge Frau rief um Hilfe, eine Polizeistreife leistete erste Hilfe, holte Rettungsdienst und Notarzt. Im Krankenhaus ist der 19-jährige Schüler dann um 4.30 Uhr verstorben. Zwei Gruppen junger Leute waren zuvor in Streit geraten; der Grund für den Streit, so Kripochef Schönherr, „ist noch völlig unklar.“ Die Beamten hätten schon viele Beteiligte befragt und sich widersprechende Aussagen gehört.
Am Sonntagabend hat die Polizei im Raum Horb zwei junge Leute im Alter von 19 und 17 Jahren vorläufig festgenommen, der Ältere kam nach Feststellung seiner Personalien wieder auf freien Fuß, nachdem die Ermittler seine Tatbeteiligung und seinen Tatbeitrag überprüft hatten. Der 17-Jährige allerdings wurde am Montagnachmittag einem Haftrichter vorgeführt, der dann auch Haftbefehl erließ, wie der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Frank Grundke, bestätigt.
„Wir gehen davon aus, dass die Schläge von ihm geführt wurden“, so der Leiter der Soko, Kohler. Die Obduktion des Getöteten im Robert-Bosch-Krankenhaus habe ergeben, dass dieser an einer Hirnblutung starb. Zwei Schläge gegen den Kopf habe das Opfer erlitten. Außerdem wohl einen Tritt. Dieser ging aber nicht an den Kopf und nicht gegen das am Boden liegende Opfer, betont Grundke. „Es handelt ich also nicht um das Zusammentreten eines wehrlosen Opfers.“
Genauere Ergebnisse der Gerichtsmediziner stünden aber noch aus, so Kohler. Unklar sei auch, ob dabei ein Stein oder ein Knüppel im Spiel war oder ob der Schlag mit der Hand oder Faust erfolgt ist.

Seit Bekanntwerden des Verbrechens um 4.45 Uhr hatte der leitende Kriminaldirektor Schönherr 50 Beamte für die kriminalpolizeilichen Ermittlungen zusammengezogen. Allein zwölf Beamte hätten die Tatortspuren gesichert. „Wir haben alles eingesammelt, bis zu den Zigarettenkippen.“ Unterstützung kam vom Technischen Hilfswerk und der Feuerwehr, die den – mittlerweile wieder freigegebenen Tatort absperrten und Zelte errichteten.

Die beiden Gruppen waren am „Latschariplatz“ beim Stadtbahnhofgelände in Freudenstadt „zunächst verbal und dann auch körperlich“ aneinander geraten. Dabei kam die eine Gruppe aus dem Raum Horb, die andere, wahrscheinlich kleinere Gruppe, zu der das spätere Opfer gehörte, aus dem Raum Freudenstadt.
Inwieweit Alkohol und Drogen im Spiel waren, müsse erst noch untersucht werden, so Kohler. Beide Gruppen der Jugendlichen und Heranwachsenden seien Deutsche.
Die Ermittlungen gestalteten sich schwierig, weil das Stadtfest noch im Gange war und ein ständiges Kommen und Gehen herrschte. Dennoch gelang den Beamten der „Sonderkommission Wall“ noch am Sonntagabend ein Ermittlungserfolg und sie konnten den 17-jährigen Schüler als Tatverdächtigen zu Hause festnehmen. Er habe überrascht getan, so Schönherr, war aber wohl eher darüber überrascht, dass die Polizei so schnell da war.

„Er hat Angaben gemacht und seine Tatbeteiligung eingeräumt“, so der leitende Oberstaatsanwalt Dittrich. Der Jugendliche, der grade sein Berufsvorbereitungsjahr abgeschlossen hatte, war zwar schon strafrechtlich aufgefallen, aber „im Bereich der unteren Delinquenz“, so Dittrich. Will sagen, schwere Straftaten hatte er bisher nicht begangen.
Das Schlimme sei, dass die Beteiligten die schweren Folgen einer solchen Schlägerei nicht bedächten, so Schönherr: „Da ist ja nicht nur ein Leben zerstört worden.“ Der inhaftierte tatverdächtige Jugendliche hatte gerade das Berufsvorbereitungsjahr abgeschlossen: „Er wartete auf sein Zeugnis.“
Auch der mutmaßliche Täter ist nicht ohne Blessuren geblieben, wie Kohler auf Nachfrage bestätigt. Ein Rechtsmediziner habe ihn deshalb untersucht. Die leichte Verletzung stamme aber „eindeutig nicht vom späteren Opfer“, wie Kohler betont.
Strafrechtlich gehe die Staatsanwaltschaft Rottweil von Körperverletzung mit Todesfolge aus, denn der mutmaßliche Täter habe zwar die Verletzung seines Gegners billigend in Kauf genommen, „aber der Tod war nicht gewollt“, erläutert Dittrich, der der Polizei dankte, dass deren Ermittlungen in so kurzer Zeit „zur weitgehenden Aufklärung“ geführt hätten. Das Kerngeschehen habe die Kripo „herauskristallisiert“, so der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Frank Grundke, „das hat es ermöglicht, Haftbefehl gegen den 17-Jährigen zu beantragen. Es bestehe „kein dringender Tatverdacht gegen jemand anderen“, ergänzt Schönherr.
Allerdings ermittle die Polizei gegen weitere Beschuldigte im Zusammenhang mit der Stadtfest-Schlägerei, so Staatsanwalt Grundke. Für den Tod des 19-Jährigen gebe es bislang „nur einen Verantwortlichen.“