DEISSLINGEN (mm) — Nur noch bis zum 11. Juli haben die Deißlinger Auswahl zwischen drei Bäckereien, denn Egon Schneckenburger schließt seine an der Stauffenbergstraße nach über 55 Jahren. Der 49-Jährige, der den Betrieb von seinem Vater übernommen hat, wird dann im Vinzenz von Paul Hospital die dortige Großbäckerei übernehmen.
Hintergrund ist, dass die Maschinen seiner Familienbackstube veraltet sind und er da viel investieren müsste. Aber auch die wirtschaftliche Situation macht ihm zu schaffen, außerdem: „Es ist nicht absehbar, dass eins meiner Kinder hurra schreit bei dem Gedanken, die Bäckerei zu übernehmen!“ Die wirtschaftliche Situation könnte noch schlechter werden, denn offenbar hat die Handelskette Netto angefragt, ob man im Deißlinger Markt nun doch eine Bäckerei samt Café einrichten könnte.
Dagegen haben sich die Deißlinger Bäcker bereits einmal erfolgreich gewehrt. Schneckenburger und seine Kollegen sind sich einig: Das ist für die 6000 Einwohner zu viel. Aber auch die Verwaltung sieht das so: „Wir haben der Firma Netto mitgeteilt, dass wir ein solches Ansinnen nicht unterstützen werden“, so Bürgermeister Ralf Ulbrich.
Für die Deißlinger ein weiterer Verlust: Zwei Drogeriemärkte, eine Apotheke und eine Reinigung hat man in den letzten Jahren verloren, dazu schließt Ende des Monats auch noch das Gasthaus Hohenzoller. Außerordentlich bedauerlich, findet auch Bürgermeister Ralf Ulbrich, „dass zwei für die Versorgung unserer Einwohnerschaft wichtige Betriebe aus ganz unterschiedlichen Gründen schließen werden.
Jedes Geschäft und jede Wirtschaft die schließt, ist ein herber Verlust, zumal Gemeinderat und Verwaltung derzeit mit großem Aufwand daran arbeiten, unsere Gemeinde und insbesondere den Ortskern Deißlingen attraktiv und lebendig zu erhalten und zu gestalten.“
Letztlich bleibe einmal mehr der Appell an die Bevölkerung, die Handels- und Dienstleistungsangebote vor Ort wahrzunehmen und sich über den Wert kurzer Versorgungswege bewusst zu werden. „Eine Gemeinde ist nicht dann attraktiv, wenn dort schöne Wohnhäuser und gepflegte Vorgärten vorherrschen, sondern vor allem wenn Leben, Aktivitäten und Kommunikation vorherrschen — all das findet in unseren Handels- und Dienstleistungsbetrieben statt.“
Immerhin: Noch haben die Deißlinger die Auswahl zwischen zwei Bäckereien in Familienhand – gleich viel wie in Rottweil — und auch der Bären bleibt ihnen erhalten. „Klar mach ich weiter!“, entgegnet Wirt Sven Hergeth den Gerüchten, er wolle das Gasthaus schon wieder zumachen.