Wenn eine grüne Kandidatin und die Macher einer Bürgerenergiegenossenschaft aufeinandertreffen, erwartet man wenig Kontroverses. Und doch gab es einiges zu diskutieren am vergangenen Donnerstag, berichten die Grünen in einer Pressemitteilung: Da besuchte Sonja Rajsp, Landtagskandidatin von Bündnis90/Die Grünen, die Deißlinger Bürgerenergiegenossenschaft (BED)Die Vorstände Georg Röhrle, Ingo Schmeh und Fabio Tedesco haben sie corona-konform empfangen.
Die BED wurde 2011 gegründet, auch um einen Beitrag zu leisten zum erklärten Ziel, die Gemeinde bis 2050 klimaneutral zu machen. Eine der Vorgaben war damals, konservativ zu rechnen. Doch daraus wurde nichts, wie Ingo Schmeh, Georg Röhrle und Fabio Tedesco erklärten: Schon nach zwei Jahren lief es so gut, dass man seitdem jedes Jahr drei Prozent Dividende auszahlt. Mitglied in der BED kann man schon für 200 Euro werden, so viel kostet ein Anteil. Um wirklich nur Bürgerinnen und Bürger zu erreichen und nicht zum „Spekulationsobjekt“ zu werden, ist die Zahl der Anteile auf zehn gedeckelt. So können die Anteile auch sinnvolle Geschenke von Großeltern für die Enkel sein, fanden die Gründer. „Das ist total toll und passt ja genau zu meiner Idee der Enkeltauglichkeit“, freute sich die Kandidatin.
Start auf der Sporthalle
Das erste BED-Projekt war die PV-Anlage auf dem Dach der Volksbank-Sporthalle. Seitdem folgten viele andere, eine davon auf dem Dach des Berufsschulzentrums in Rottweil. Aktuell entsteht eine Anlage auf dem Deißlinger Schulneubau. Sowohl BED als auch Kandidatin freuten sich über neue Formen von Photovoltaik. „Das geht ja heute auch schon als Gartenzaun“, bemerkten die BED’ler. Sie betonten, sie wollten keine landwirtschaftllichen Flächen mit Photovoltaikanlagen versiegeln. Die brauche man schließlich auch noch. Auch da war man sich fast einig, Sonja Rajsp betonte allerdings, dass Freiflächenanlagen bis 750 KwP durchaus Sinn machen: „Sie können ein zweites Standbein für die Landwirte bedeuten.“
Rajsp hatte selbst bis vor einem Jahr für eine Erneuerbare-Energien-Firma gearbeitet. Eine Win-Win-Situation entstehe besonders dann, wenn die Anlagen so gebaut werden, dass dazwischen artenreiche extensive Wiesen blühen, Tiere weiden oder sogar etwas angebaut werden kann. Auch solche Anlagen gibt es heute schon. Das Fraunhofer-Institut forscht fleißig an diesen Agri-PV-Anlagen. Darunter seien welche, die auf den gewölbten Dächern von Folientunneln oder als Hagelschutzdächer im Obstbau Sonnenstrom erzeugen. Eine spannende Diskussion, bei der man sich auch einig war, dass das neue EEG sehr verbesserungswürdig ist.
Trotz der Neuerungen sind die Mieterstrommodelle viel zu kompliziert, so dass man sie eigentlich gar nicht nutzen kann. Auch fanden alle, dass die Landwirtschaft durch Agri-PV einen größeren Wirkungsgrad mit mehr Wertschöpfung und mehr Qualität durch solche Doppelnutzung bekommt. Die gute Nachricht, die die Kandidatin sehr freute: Das Ziel klimaneutrale Energiegewinnung kann für Deisslingen, so die BED-Vertreter, von 2050 gut und gerne um eine zweistellige Zahl nach unten korrigiert werden.