Die Fangnetze an der Rottweiler Hochbrücke sollen Menschen daran hindern, hinab zu springen. Doch was, wenn es jemand tut? Wenn er im Fangnetz landet, hilflos da liegt? Verletzt, womöglich? Eine Frage, die auch die Rettungskräfte in der Stadt – in diesem Fall Feuerwehr, Bergwacht und Rotes Kreuz – für sich beantworten mussten. Und üben. Das taten sie vor wenigen Tagen.
Es ist ein Donnerstagabend, die Rottweiler Kernstadtwehr übt. So weit, so normal. Doch ist der Einsatzort nicht normal, nicht wie üblich ein Gebäude. Es ist die Hochbrücke, und im eigentlichen Sinne findet die Übung nicht nur daran, sondern auch darüber und darunter statt.
Beteiligt sind die Feuerwehr, die Bergwacht und das Deutsche Rote Kreuz – samt den Organisatorischen Leitern Rettungsdienst und leitenden Notärzten. Alle drei Gruppierungen beschäftigte die Frage schon länger, wie sie an der Hochbrücke im Ernstfall vorzugehen hätten. Wer wofür zuständig ist und wer was tut. Den Anstoß hatte nach NRWZ-Informationen die Bergwacht gegeben, organisiert hat den Abend Feuerwehrkommandant Frank Müller (der selbst dann gar nicht dabei sein konnte).
Und so läuft die Rettung ab: Die Feuerwehr fährt von unten an die Hochbrücke heran. Mit der Hubarbeitsbühne über die Bahnhofstraße und den Stadtgraben hinauf. Und nur dieses Fahrzeug samt seiner Besatzung, alle übrigen Feuerwehrleute befinden sich auf der Brücke. Ebenso die Bergwacht und die Leute vom Roten Kreuz.
Und letztere bleiben auf der Brücke. Wie Frank Müller auf Nachfrage berichtet, gibt es beim Roten Kreuz seit der Übung eine klare Dienstanweisung: Keiner betritt das Netz.
Dafür sind die Bergretter und die Feuerwehrleute zuständig. Mittels Steckleitern klettern sie hinab aufs Netz. Die Bergretter dafür bestens ausgerüstet mit Gurten, Seilen, Westen und dergleichen, gut gesichert, Erfahrung inklusive. Die Feuerwehrleute in ihrer gewohnten Schutzkleidung, aber ebenfalls mit Seilen gesichert. Und der nötigen Portion Mut.
Wenn die Retter den Hilflosen auf dem Netz gesichert haben – im Übungsfall war’s eine Puppe – dann kommt er auf eine Trage, die an die Hubarbeitsbühne gehängt wird. Mit diesem Gerät wird der Verletzte über das Brückengeländer hinauf und zur Hochbrücktorstraße hin gehievt. Samt einem Retter der Bergwacht, übrigens, der ebenfalls an der Bühne hängend nach oben getragen wird. Die Hubarbeitsbühne kann maximal 32 Meter hoch ausfahren, am Gebäude erreicht sie – weil ein Abstand eingehalten werden muss – immerhin noch 23 Meter. Die alt-ehrwürdige Hochbrücke: kein Problem, die meistert sie leicht.
Das Netz selbst erweist sich dabei als stabil – aber schlecht begehbar. Die Retter haben sich im Übungsfall mit einfachen Brettern beholfen, auf denen die großen Sicherheitsstiefel allerdings kaum Platz hatten.
Eine stressfreie Geschichte sollte diese erste echte Übung mit allen auch in einem Ernstfall Beteiligten werden – mit einer Puppe statt einem Menschen, deshalb stressfrei. Das war die Vorgabe des Stadtbrandmeisters. Im Nachhinein konnten ihm seine Mannen berichten: Es war ein Erfolg, sie haben die Übungsaufgabe gemeistert.
Auch der Oberbürgermeister, der zufällig des Weges gekommen war und sich das Szenario angeschaut hat, soll zufrieden gewesen sein, dem Vernehmen nach.