Rottweils langjähriger Erster Beigeordneter, Bürgermeister Werner Guhl, ist tot. Er starb 58-jährig am Sonntagvormittag offenbar an einem Herzinfarkt in seinem Haus in Rottweil. Herbeigeeilte Rettungskräfte konnten ihm nicht mehr helfen.
Rottweil (gg, här). Am Donnerstag kam Bürgermeister Werner Guhl noch wie gewohnt zur Arbeit, er hatte Oberbürgermeister Ralf Broß zu vertreten. Bereits am Mittwoch leitete Guhl die Gemeinderatssitzung für Broß. Wegen der teurer werdenden Feuerwache eine eher stressreichere Sitzung. Am Donnerstag ist er bei einem wichtigen Abendtermin von Bauamtsleiter Lothar Huber vertreten worden. Guhl hatte sich zwischenzeitlich unwohl gefühlt, war nach Hause gegangen. Ein konsultierter Arzt ging von einer Virusinfektion aus, untersuchte aber parallel in mehrere Richtungen.
Am Sonntag nun verstarb Werner Guhl im Kreise seiner Familie völlig überraschend. Er hinterlässt eine Frau und zwei erwachsene Töchter und eine ganze Stadt, die um ihn trauert.

Guhl gilt als eine und war eine der wichtigsten Persönlichkeiten der Stadt. Immer gerne auf Position zwei, neben dem Oberbürgermeister, war er derjenige, bei dem die Fäden zusammen liefen. Als Finanzbürgermeister hatte er immer alle wichtigen finanziellen Positionen des städtischen Haushaltes fast bis auf den Cent genau im Kopf. Er war aufs Beste in der Stadt und darüber hinaus vernetzt, holte auch wichtige Projekte für Rottweil.
Vor allem gilt er als derjenige, der etwa mit dem Investoren für die Jugendherberge verhandelt hat und Kontakt hielt, gilt als der Vater der Kulturjugendherberge, wie Rottweil sie nun hat. Auch an den Verhandlungen mit ThyssenKrupp war Guhl sehr eng beteiligt. Die Justizvollzugsanstalt hielt Guhl die vergangenen Wochen und Monate ebenfalls in Atem. Er war neben Broß vor allem derjenige, der sie unbedingt für Rottweil gewinnen wollte.
Guhl galt als streitbar aber nie unfair, als diskussionsfreudig und jemand, dem man mit guten Argumenten kommen musste, denn er hatte oft noch bessere. Er war wegen seines umfassenden Wissens und seiner langjährigen Erfahrung ein sehr ernsthafter, interessierter Geprächspartner.
Welche Bedeutung er für Rottweil hatte, lässt der Kommentar eines Kenners erahnen: „Rottweil ohne Bürgermeister Guhl ist undenkbar“, stellte er fest.
Der NRWZ war er verlässlicher Kontakt bei der Stadtverwaltung, inhaltlich immer bestens informiert, weit über sein Ressort hinaus, deutlich besser noch als oft sein Umfeld, war für Fragen immer erreichbar und gab klare, eindeutige Antworten. Er fragte auch hin und wieder, ob er denn richtig agiere, in die richtige Richtung unterwegs sei. Rückversicherte sich, war trotz aller Stärke auch manchmal fragend, suchte Rat.
Guhl war dann derjenige, der in der Leere während der endenden Amtszeit von Alt-Oberbürgermeister Thomas J. Engeser und der bevorstehenden von Ralf Broß schnell und effizient für eine Ersthilfe und einen Hilfskonvoi für die von einem Erdbeben heimgesuchte Partnerstadt Rottweils, L’Aquila, sorgte. Vor dieser Fahrt gemeinsam mit Fachbereichsleiter Bernd Pfaff und dem damaligen Rottweiler Stadtbrandmeister Rainer Müller, rief Guhl bei der NRWZ an und informierte darüber, was er vorhabe, holte sich aber auch die Rückendeckung, die er zu brauchen glaubte.
Guhl war begeisternder, bestens vorbereiteter Redner. Nicht nur bei seinen Haushaltsreden, auch etwa jüngst in Brugg sorgte er mit seiner Sicht von Freundschaft und Verbindungen zwischen den beiden Partnerstädten für große Begeisterung. Die Aargauer Zeitung notierte: „Donnernder Applaus für eine mitreissende Rede.“
Werner Guhl war Denker und Lenker der Stadt. Hatte diese auch zwei Oberbürgermeister während seiner Amtszeiten, war Guhl immer derjenige, der die Geschicke, soweit er konnte, bestimmte. Er war derjenige, der im Hintergrund agierte, Mehrheiten holte, zusammen schmiedete, Interessen vertrat, nachteiliges verhinderte.
Er war immer bestrebt, die Zukunft Rottweils zu verbessern. Immer stand er dafür, das Geld zusammen zu halten, richtig zu investieren, aber sich als Stadt nicht zu übernehmen. Guhl machte Rottweil zur schuldenfreien Stadt.
Er widerstand mehrfachen Verlockungen und Angeboten, sich als Oberbürgermeister zu bewerben, etwa in Schramberg und auch in Rottweil, und wurde als zweiter Mann zum wichtigsten und beständigsten Impulsgeber der Stadt, der immer über den Tellerrand hinausschaute und menschlich als ausgleichendes Element wirkte.
Der Rottweiler Gemeinderat hatte Werner Guhl 2013 erneut zum Ersten Beigeordneten der Stadt Rottweil gewählt. Er hatte auch Gegner, was sich in zwei Gegenstimmen äußerte, aber eine überwältigende Mehrheit hinter sich. Guhl hatte dieses Amt seit 2006 inne.
Von dieser Wahl berichtet die Stadtverwaltung:
In seiner Bewerbungsrede umriss Guhl die Grundzüge seiner bisherigen und künftigen Arbeit: Eine nachhaltige Finanz- und Personalpolitik sowie die Stärkung der Schul- und Bildungsstadt Rottweil. Ein besonderes Anliegen ist es ihm außerdem, vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung alle Aktivität zu bündeln, um die Attraktivität des Wohnstandorts Rottweil auch in der Zukunft zu erhalten.
Werner Guhl begann 1981 bei der Stadtverwaltung als Leiter der Personalabteilung. Unter Oberbürgermeister Michael Arnold war er Persönlicher Referent und ab 1989 Hauptamtsleiter. Nach einer Reform der Verwaltungsstruktur übernahm Guhl 1998 als Fachbereichsleiter die Haupt- und Finanzverwaltung. In Doppelfunktion ist er seit Januar 2006 auch 1. Beigeordneter.
Bürgermeister Guhl tritt seine zweite Amtsperiode zum 1. Januar 2014 an und ist auf acht Jahre gewählt.
Meine Beileid der Familie und der Stadt.
WORTLOS – SPRACHLOS – TRAURIG