Die 1. Große Strafkammer des Landgerichts Rottweil hat die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen den Spaichinger Bürgermeister Hans Georg Schuhmacher in sämtlichen Anklagepunkten aus rechtlichen Gründen abgelehnt. Dies geht aus einer Pressemitteilung des Landgerichts hervor.
Spaichingen / Rottweil (pm/här). Die Vorwürfe wogen schwer gegen den Spaichinger Bürgermeister Hans Georg Schuhmacher (wir berichteten), doch davon ist nichts übrig geblieben. Zu diesem Ergebnis ist jetzt die 1. Große Strafkammer des Landgerichts Rottweil gekommen. Sie hat die Eröffnung eines Hauptverfahrens, also eines Strafprozesses, in allen Anklagepunkten abgelehnt.
Noch keine Entscheidung ist in einem zweiten Strafverfahren gefallen. Dabei steht der Vorwurf der Korruption im Raum, weil der Bürgermeister sich für finanzielle Unterstützung der Maschinenfabrik stark gemacht haben soll, bei der er und seine Frau Aktien halten.
Ende August 2014 war Anklage gegen Schuhmacher erhoben worden. Dem war eine wahre Flut von mehr als 70 Anzeigen von Bürgern der 12.000-Einwohner-Gemeinde gegen den ehemaligen CDU-Politiker voraus gegangen. Es hat auch eine Durchsuchung von Dienst- und Firmenräumen stattgefunden.
Die Vorwürfe lauten auf Untreue und Rechtsbeugung. Der in Spaichingen umstrittene Schuhmacher sprach dagegen von „Stimmungsmache“ und einer „gezielten Hetzjagd gegen meine Person“.
Nachdem zahlreiche Anzeigen – die meisten anonym – gegen Schuhmacher eingegangen waren, prüfte die Staatsanwaltschaft mehr als 60 Sachverhalte. Sieben davon klagte sie Ende August des vergangenen Jahres an.
Es ging dabei unter anderem um den Vorwurf der Rechtsbeugung: Der Spaichinger Bürgermeister soll bei der Bußgeldstelle in seinem Rathaus in drei Fällen die Einstellung eines Bußgeldverfahrens wegen falschen Parkens und zu schnellem Fahren veranlasst haben. Außerdem wurde er der Untreue beschuldigt, weil Schuhmacher sich von einem städtischen Angestellten auf Kosten der Stadt vom Flughafen abholen ließ. Der Bürgermeister, verwies darauf, dass all diese Vorgänge dienstlich begründet gewesen seien.
Das Landgericht meldet nun, dass im Zwischenverfahren über Monate hinweg umfangreiche Stellungnahmen der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung erfolgt seien, die allesamt im Rahmen der getroffenen Entscheidung zu prüfen und zu bewerten gewesen seien.
Der Pressereferent für Strafsachen am Rottweiler Landgericht, der Vorsitzende Richter Wolfgang Heuer, erklärt: “In dem 36-seitigen Beschluss erörtert und begründet die Kammer dezidiert, warum die angeklagten Sachverhalte – soweit sie erweislich wären – nach ihrer Rechtsauffassung nicht strafbar seien.” Die strafrechtliche Bewertung der Sachverhalte hätten die Kammer dazu gezwungen, sich intensiv mit schwierigen und komplexen Rechtsfragen zu befassen, so Heuer weiter. Bei der Beantwortung dieser Rechtsfragen sei weitestgehend ein Rückgriff oder eine Anlehnung an gefestigte (höchstrichterliche) Rechtsprechung verwehrt geblieben, da vergleichbare Fallkonstellationen bisher durch (Ober-)Gerichte nicht entschieden seien. „Infolgedessen hat die Kammer mit ihrer Entscheidung in mehreren Punkten juristisches Neuland betreten“, so Heuer.
Vor dem Hintergrund, dass die getroffene Entscheidung (noch) nicht rechtskräftig ist, könne unter Berücksichtigung der Interessen der Verfahrensbeteiligten zum jetzigen Zeitpunkt keine nähere Mitteilung erfolgen.
Die Entscheidung der 1. Großen Strafkammer kann innerhalb einer Woche ab Zustellung von der Staatsanwaltschaft mit sofortiger Beschwerde angefochten werden.