Zum vierten Mal hat der Landkreis Rottweil Neubürger zu einer gemeinsamen Einbürgerungsfeier eingeladen. Mehr als 300 Menschen haben in der Zeit zwischen Ende Oktober 2017 und Ende Oktober 2018 die deutsche Staatsbürgerschaft im Kreis erhalten.
Zur Einbürgerungsfeier waren auch zahlreiche Bürgermeister und Kreisräte gekommen, die sich nach dem offiziellen Teil mit „ihren“ Neubürgern angeregt unterhielten. In seiner Begrüßung berichteter Landrat Wolf Rüdiger Michel, dass in diesem Jahr die größte Gruppe mit 29 Eingebürgerten die Briten stellten. Knapp die Hälfte der im Kreis lebenden Briten hätte die deutsche Staatsbürgerschaft beantragt.
Sorge vor dem Brexit
Unter ihnen sind auch Annette Melvin und ihr Bruder Michael aus Schramberg. „Wir haben einfach Sorge, was passiert nach dem Brexit“, erzählt Annette Melvin, die viele Jahre die Schramberger Talstadtfeuerwehr kommandiert hatte. Ihr Bruder Michael ist seit Jahrzehnten im Elferrat der Narrenzunft aktiv und gerade als Zunftmeister wiedergewählt worden. Nun besitzen die Melvins die doppelte Staatsbürgerschaft. Bisher sei „nicht bekannt, welchen ausländerrechtlichen Status die Briten nach dem Brexit haben werden“, erläutert dazu Martina Schuster vom Ordnungsamt des Landkreises.
Mit Blick auf die beiden bekannten Schramberger forderte Michel die „Neu-Deutschen“ auf, sich gesellschaftlich einzubringen und ehrenamtlich zu engagieren, wählen zu gehen, aber auch sich für Wahlen aufstellen zu lassen. „Sie sind nun Staatsbürger mit allen Rechten und Pflichten.“
48 Herkunftsnationen
Insgesamt stammen die Eingebürgerten aus 48 Nationen, wie Schuster in einer Statistik zusammen gestellt hat. Nach den Briten stellen die Rumänen und die Türken mit je 26, die Italiener mit 25 und die Kosovaren mit 24 die größten Gruppen. Je ein neuer Staatsbürger stammt aus Angola, Bolivien, Chile, China, Litauen, Makedonien, Mexiko, Nigeria, Slowenien und Tschechien.
Mit 79 stellen die in Rottweil wohnenden Eingebürgerten die größte Gruppe, gefolgt von Schramberg mit 53, Oberndorf 31, Sulz 21 sowie Deißlingen und Dunningen mit je 16. Interessanterweise haben sich deutlich mehr Frauen (168) als Männer ( 135) einbürgern lassen.
Hauswald: Ziele sind wichtig
In ihrer Festrede hat die frühere Spitzensportlerin Simone Hauswald über ihre sportlichen Erfolge im Biathlon– aber auch Niederlagen und Enttäuschungen gesprochen. Wichtig sei, dass man sich im Leben Ziele setze und dann alles dafür tue, um sie zu erreichen. So habe sie sich schon als kleines Mädchen in den Kopf gesetzt, eines Tages bei olympischen Spielen und Weltmeisterschaften dabei zu sein. Dieses Ziel habe sie schließlich als Biathletin geschafft und auch schließlich bei einer Weltmeisterschaft eine Gold-Medaille gewonnen.
Hauswald, die heute als Mentaltrainerin arbeitet, berichtete auch über ihre schwierige persönliche Situation: Ihre Mutter ist Koreanerin, ihr Vater Deutscher. Diese doppelte, auch kulturelle Identität habe sie lange nicht annehmen wollen. Sie sei aber für ihre gesamte Persönlichkeit wichtig und bereichernd. An die Besucher gewandt meinte Hauswald, es gehöre viel Mut dazu und sei mit Sicherheit nicht „so einfach, den Entschluss zu fassen, seine Heimat, in der man aufgewachsen und wo man verwurzelt ist, zu verlassen und in ein anderes Land zu gehen.“ Sie ziehe ihren Hut vor ihnen.
Verpflichtungsformel gesprochen
Bei einer kleinen Zeremonie sprachen schließlich Daniel und Samuel Kacsmár aus Rottweil vor Landrat Michel die Verpflichtungsformel: „Ich erkläre feierlich, dass ich das Grundgesetz und die Gesetze der Bundesrepublik Deutschland achten und alles unterlassen werde, was ihr schaden könnte.“ Weil die beiden gebürtigen Ungarn besondere Integrationsleistungen vorzuweisen haben – sie haben ihren Realschulabschluss geschafft und machen beide eine Berufsausbildung –, erhielten sie bereits nach sechs Jahren ihre Einbürgerung, so Schuster auf Nachfrage der NRWZ. Üblicherweise dauert es acht Jahre, bis man die Einbürgerung beantragen kann.
Im Anschluss an den Festakt hatte der Kreis für Getränke und einen Imbiss gesorgt. Dabei hätten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Ausländeramts die Bewirtung übernommen, um so ihrem Publikum auch die gebührende Wertschätzung entgegen zu bringen, wie Schuster erläutert.