SCHRAMBERG (ck) – Über ein Jahrhundert alt ist ein Bild einer Familie, das vor kurzem dem Stadtarchiv Schramberg überlassen wurde. Es wurde wie die meisten derartigen Bilder aus dem Kaiserreich von dem Fotogeschäft Faist aufgenommen. Nicht überliefert ist jedoch, wer auf diesem Bild zu sehen ist. Deshalb bittet Stadtarchivar Carsten Kohlmann die Schramberger um Hilfe bei der Recherche. Er schreibt zu dem Foto:
Das Bild wurde vor kurzem von der Projektgruppe Tennenbronner Heimathaus im Museums- und Geschichtsverein Schramberg beim Herauslösen eines anderen Fotos aus einem alten Bilderrahmen entdeckt. Es war dort als Karton auf der Rückseite eingesetzt und damit über lange Zeit unsichtbar.
Auf dem Bild, das von seiner Art her in der Zeit um 1910 entstanden sein dürfte, ist eine Familie zu sehen, die damals aus sieben Personen bestand. Die vorne sitzenden Eltern befanden sich zum Zeitpunkt der Aufnahme bereits in fortgeschrittenem Alter. Auch vier der fünf Kinder waren bereits junge Erwachsene. Das ganz rechts zu sehende Mädchen scheint ein Nachzüglerkind des Ehepaares gewesen zu sein.
Aufgenommen wurde das Foto vermutlich im Atelier des Fotogeschäftes in der Berneckstraße 14 in Schramberg. Heute befindet sich das “Casino Schramberg” in diesem Gebäude. Das Fotogeschäft wurde in den 1860er-Jahren von Carl Faist I (1839-1918) gegründet. Die älteste bisher bekannte Werbeanzeige hat der Heimatforscher Dieter Kohlmann im Jahrgang 1865 des Schwarzwälder Boten gefunden werden. Die Autobiographie des Fotografen, der einer der Pioniere auf diesem Gebiet im gesamten Schwarzwald war, wurde in der Zeitschrift “D’Kräz” 15 (1995) bis 18 (1998) des Museums- und Geschichtsvereins Schramberg veröffentlicht.
1902 wurde das Fotogeschäft von dem Sohn Karl Faist II (1872-1948) übernommen, der das Foto von der Familie aufgenommen haben dürfte, deren Name das Stadtarchiv Schramberg gerne in Erfahrung bringen möchte. Zu einem noch nicht genau bekannten Zeitpunkt führte Karl Faist III (1903-1945) das Fotogeschäft fort, hat als Vermisster aber den Zweiten Weltkrieg nicht überlebt. Das Fotogeschäft wurde danach von Wilhelm Weiss (1893-1974) übernommen, bei dem auch noch Marianne Faist (1938-2010), später verheiratete Zänker, den Fotografenberuf lernte. 1958 zog sie nach Frankfurt am Main und kehrte nicht mehr nach Schramberg zurück. 1960 wurde das traditionsreiche Fotogeschäft aufgegeben.
Das Archiv des Fotogeschäftes, das von einmaligem Wert gewesen wäre, ist leider größtenteils verloren. Einen kleinen Rest aus dem Nachlass von Marianne Zänker konnte das Stadtarchiv Schramberg im Jahr 2012 auf Umwegen erwerben. Die Personenfotos aus der Zeit vor 1896 waren aber bereits in der Mitte der 1920er-Jahre nicht mehr vorhanden, vermutlich weil die Aufbewahrung der Glasplattennegative zu viel Platz brauchte. Im Lauf der Zeit haben das Stadtarchiv und das Stadtmuseum aber immer wieder Bilder aus diesem Fotogeschäft sammeln können. Die Personen- und Landschaftsfotos – lange mit Plattenkameras mit sehr guten Objektiven aufgenommen – beeindrucken durch ihre gelungenen Kompositionen und ihre hervorragende Tiefenschärfe.
Wer die Familie auf dem neu entdeckten Foto erkennt, möge sich beim Stadtarchiv Schramberg unter der Telefonnummer 07422/29263 oder unter der E-Mail-Adresse [email protected] melden. Ein erfolgreicher Hinweis wird mit einem Eisgutschein belohnt.