Die Schramberger Talumfahrung soll in den Bundesverkehrswegeplan – und da doch bitteschön in den vordringlichen Bedarf. Das Projekt war zwar auch bisher schon in mehreren dieser Pläne, mal vordringlich, mal nicht so vordringlich. Egal wie, gebaut wurde die Umfahrung bekanntlich seit mehr als 35 Jahren so oder so nicht. Doch derzeit machen alle Akteure wieder mächtig Wind, denn käme das Projekt nicht in den „vordringlichen Bedarf“ würde die Chance, dass tatsächlich mal eine Bohrmaschine sich durch den Paradiesberg wühlt und die Asphaltierer im Eselbachtal eine breite Fahrbahn bauen noch unter null sinken.
SCHRAMBERG (him) – Also werden Briefe geschrieben Resolutionen verfasst, Tagungen veranstaltet, irrwitzige Gutachten in Auftrag gegeben und schon mal ein bisschen Schuld zugewiesen, wenn‘s denn doch nicht klappt mit dem Vordringlichen Bedarf.
Aktuelles Beispiel: Landrat Wolf-Rüdiger Michel wendet sich an die SPD-Bundestagsabgeordnete Annette Sawade. Sie ist für die baden-württembergischen SPD-Abgeordneten im Bundestag zuständig für den Bundesverkehrswegeplan. Im Februar hat sie Schramberg besucht und sich über die Talumfahrung informieren lassen. Damals sagte sie mit verblüffender Offenheit: „Das kostet ja nichts, ein Projekt in den vordringlichen Bedarf zu nehmen.“ Denn ob gebaut werde oder nicht, sei damit ja noch längst nicht entschieden.

Also, dieser Abgeordneten hat Michel eine Informationsmappe mit Argumenten für die Talumfahrung geschickt und dann mit blauer Tinte dazu geschrieben: „Wir hoffen auf Ihre Unterstützung. Schließlich hat es die SPD zu verantworten, dass die Umfahrung Schramberg 2003 in rot-grüner Zeit vom vordringlichen Bedarf in den Weiteren Bedarf degradiert wurde!“
Wumm, das sitzt.
Doch der Faktionsvorsitzende von SPD-Buntspecht im Schramberger Rat findet die Michelsche Bemerkung gar nicht gut. Die Tintenschrift sei „dem beginnenden Landtagswahlkampf geschuldet“ analysiert Hans Jörg Fahrner. Er findet, es sei „mehr als billig“, wenn Michel so von eignen Versäumnissen ablenken wolle.
Der wisse doch ganz genau, „dass die Rückstufung 2003 mit der fehlenden Planfeststellung und den überzogenen Forderungen der damaligen CDU-Landesregierung“ zu tun gehabt habe.
Auch habe die Talumfahrung Planungsrecht im aktuellen Bundesverkehrswegeplan. Vor drei Jahren sei die grün-rote Landesregierung bereit gewesen, die Planung voranzutreiben, wenn die Stadt das vorfinanziert. „Zu unserem Bedauern haben der Landkreis und Oberbürgermeister Herzog diese Möglichkeit nicht aufgegriffen, um mit der Talstadtumfahrung endlich voranzukommen.“
Jetzt stehe man wieder ohne Planung da, so Fahrner, und es sei bei „der immensen Unterfinanzierung der notwendigen Sanierungs- und Bauvorhaben“ doch klar, dass planfestgestellte Maßnahmen eher zum Zuge kommen als solche die erst noch geplant werden müssten.
Und was schreibt die Abgeordnete Sawade? Die Abgeordneten hätten auf die Bewertung des Bundesverkehrsministeriums keinen Einfluss, die ganzen Projekte würden nun nämlich „deutschlandweit einheitlich… bewertet und in ein Ranking gebracht.“
Dazu sagte schon im Frühjahr Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt, CSU: „Wir müssen die Infrastruktur sehr viel stärker in ihrer Substanz erhalten und gleichzeitig beim Aus- und Neubau klare Prioritäten setzen.“ Der Erhalt soll Vorrang vor Aus- und Neubauvorhaben haben, so Dobrindt, es gehe um „überregional bedeutsame Projekte“ und um „Engpassbeseitigung auf Hauptachsen.“
Auf den letzten Punkt „Engpassbeseitigung“ setzen nun alle, die für die Talumfahrung kämpfen. Sie beschreiben die Strecke von der Talstadt auf den Sulgen hoch als eine West-Ost-Verbindung von internationaler Bedeutung: “Die Querspange spült Verkehr aus dem Rheintal und aus dem Elsass Richtung Stuttgart, Reutlingen und Bodensee.“ Das sagte vor fast genau sechs Jahren – Überraschung! – Landrat Wolf-Rüdiger Michel beim ersten Spatenstich für die Umfahrung Dunningen.

Und Michel berichtete am 4. September 2009 in Dunningen auch, dass seit anderthalb Jahren die Ausführungs-Pläne für die Talumfahrung in Stuttgart lägen. Und: “Ich bin zuversichtlich, dass wir Schritt für Schritt vorankommen.“ Wie hieß der Ministerpräsident damals noch gleich und wer war damals Verkehrsminister? Jedenfalls nicht Kretschmann und Hermann.