ROTTWEIL, 4. November (pm) – O wie fühl’ ich in Rom mich so froh!” schrieb Goethe im Jahr 1788. Seine Gefühle konnte die Reisegruppe des Vereins der “Ehemaligen und Freunde des AMG “ völlig nachempfinden, denn bei der Herbstfahrt nach Rom fügte sich alles bestens: acht Tage lang strahlte die Sonne, die Unterkunft war gut, das Essen vorzüglich, das Programm bot selbst Romkennern einiges an Neuem, heißt es in der Pressemitteilung des Vereins.
Organisiert und geleitet wurde die Reise von Augusta Hönle. Ihr Ziel war es zunächst, zu vermitteln, wie sehr im Herzen Roms überall die Antike nachwirkt. Das heutige Stadtbild ist geprägt durch Kuppeln, Brunnen, Obelisken – 13 dieser steinernen Nadeln stehen markant auf Brunnen und Plätzen – und durch schnurgerade Hauptstraßen.
Diese Elemente sind ein Erbe römischer Architektur. Die “unheiligen” Päpste der Renaissance erkannten nach der Rückkehr aus dem Exil in Avignon den Wert des Erbes und setzten ihn sinnvoll ein. Besonders deutlich wird die urbanistische Genialität der Bauherrn und ihrer Architekten auf der Piazza del Popolo vor Roms nördlichstem Stadttor.
Dort setzte die Reiseführung ein; aus der Fülle des Programms einige Streiflichter: drei schnurgerade Straßen führen auf die Piazza zu; sie bilden einen Dreizack , der die Innenstadt erschließt. Die mittlere, der ein Kilometer lange Corso – einst die Via Flaminia -, wird flankiert von zwei Kuppelkirchen, an seinem anderen Ende liegt das Kapitol, jetzt verdeckt durch das für Vittore Emmanuele II errichtete Riesendenkmal, schön oder nicht, es gehört zu Rom.
Die Piazza del Popolo war Empfangssalon für politische Prominenz, etwa die deutschen Könige; sie wurde jahrhundertelang verschönert bis zur Vollendung zu Beginn des 19. Jahrhundert durch den Architekten Valadier: ein Obelisk in der Mitte, zwei Kuppelkirchen und acht Brunnen, dazu im Hintergrund die alles überragende Peterskirche: römischer geht’s nicht. Eine Studienreise mit Augusta Hönle ohne die Ruinen rings ums Forum Romanum ist nicht möglich.
Die Riesenbauten der römischen Kaiser sind selbst als Ruinen höchst eindrucksvoll: die Paläste auf dem Palatin, die Caracallathermen, das Colosseum. Auch Katakomben mit ihrem schaurigen Reiz gehören zu einer Romfahrt, besucht wurden die Priscillakatakomben, die an der nach Osten führenden alten Salzstraße liegen. Sie bewahren Malereien mit christlichen Motiven aus dem 3. Jh. n. Chr.: die früheste Darstellung der Madonna mit Kind, die drei Könige, einen guten Hirten. In der Nähe dieses ehrwürdigen Orts liegt eines der teuersten Viertel Roms, das nach dem ersten Weltkrieg angelegt wurde.
Benannt ist es nach seinem Architekten, dem Florentiner Gino Coppedè. Es zeigt römischen Jugendstil mit Eskapaden aus allen Epochen der Architektur, verrückt und sehr sehenswert! Ein oder vielleicht der Höhepunkt der Reise war die im Jahr 2003 eingeweihte Kirche Dio Padre Misericordioso (Gott der barmherzige Vater). Ihr Architekt, der Amerikaner Richard Meier, baute in Deutschland unter anderem das Stadthaus in Ulm und das Burda-Museum in Baden-Baden, die Kirche in Rom war Meiers erster Sakralbau.
Johannes Paul II wollte den Außenbezirken Roms durch eine hochwertige Kirche Würde verleihen; die Wahl fiel auf den Stadtteil Tor Tre Teste im Südosten Roms. Meiers Kirche gleicht einem weißen Schiff mit drei Segeln, das in theologischer Symbolsprache die Universalkirche durch das dritte. Jahrtausend steuern soll. Licht ist für Meier das wichtigste Material am Bau. Einer seiner Leitgedanken: “Licht ist Leben”. So ist denn diese Kirche ein lichtdurchfluteter Bau, unbeschreiblich erhaben und ergreifend. Ob dem Schiff der Weg durch die stürmische See gelingt? Der Architekt hofft es, das verrät eine Inschrift an der Kirchenwand.