Das freundschaftliche Vertrauen unter Facebook-Nutzern missbrauchen anonyme Betrüger durch gefälschte Accounts. Sie kopieren nämlich den Facebook-Auftritt eines echten „Freundes“ und nutzen dessen Kontakte, um an bestimmte Codes gelangen – eine Masche, die jetzt auch in Rottweil angewandt worden ist. Betroffen hier ist eine stadtbekannte Einzelhändlerin. Ihr kopiertes Profil war dabei das kriminelle Werkzeug, um auf fremde Kosten Online-Bezahldienste zu nutzen, die über den Handyvertrag abgerechnet werden.
Rottweil (gg,pz). Es ist spät am Abend, im TV läuft ein Spielfilm. Da trifft auf dem Handy die Facebook-Freundschaftsanfrage einer guten Bekannten ein. Der Empfänger wundert sich, glaubt, mit der Frau schon längst befreundet zu sein, bestätigt die Facebook-Beziehung aber trotzdem. Kurz darauf vibriert das Handy erneut. Jetzt wird die Handynummer des Empfängers erbeten. Es sei dringend.
Der Betroffene wundert sich erneut, aber nicht ausreichend. Er rückt die Handynummer raus. Dann hat er Glück, es bleibt still. Er fragt nochmal nach, ihm dämmert dann, dass er auf einen Betrüger reingefallen sein könnte. Und tatsächlich: In diesem Moment meldet sich die – echte – Facebook-Freundin: „Bitte an alle meine Freunde !!“, schreibt sie auf ihrer – echten – Seite. „Nehmt die Freundschaftsanfrage von diesem fakeaccount nicht an da ich diesen Account nicht kontrolliere und meldet ihn alle !! Danke eure U. !!“ Doch die Betrüger haben bereits mehrere Handynummern ergattert. Dieser stadtbekannten Einzelhändlerin traut man halt nichts böses zu.
Ziel der Betrüger sind laut Polizei offene Facebook-Accounts mit öffentlichen Freundeslisten. Die fiese Betrugsmasche ist nicht ganz neu, aber längst nicht bei allen Nutzern sozialer Netzwerke bekannt. Jetzt hat es einige Leute aus Rottweil und Umgebung erwischt.
So gehen die Betrüger vor – die Kreispolizeibehörde Paderborn hat das 2014 schon mal schön aufgearbeitet: Der Kriminelle legt ein neues Facebook-Profil an, in das er Einträge und Fotos eines bestehenden Accounts inklusive des Profilbildes kopiert. Unter dem Vorwand, die Zugangsdaten zum eigenen Profil verloren zu haben, wird ein „Freund“ des echten Profils mit einer neuen Freundschaftsanfrage kontaktiert.
Akzeptiert der Kontakt die Anfrage, ist der auch der Kriminelle ein „echter“ Freund. Dieser bittet um die Handynummer des neuen Freundes oder der Freundin, weil zum Beispiel das Handy abgestürzt ist und man jetzt alle Kontakte neu anlegen muss. Hat der Betrüger die Nummer, setzt er sie für Internet-Bezahldienste ein, die per SMS funktionieren. Der Freund/die Freundin bekommen dann eine SMS mit einer PIN-Nummer, die für den Abschluss der Bezahlung erforderlich ist.
Die Übermittlung des Codes fordert der Kriminelle per Facebook-Chat ein. Wozu hat man denn Freunde? Der Handybesitzer kann mit der SMS vermutlich zunächst nichts anfangen und bekommt durch den Chat eine fadenscheinige Erklärung. Dem Betrüger ist es allerdings nur wichtig, so schnell wie möglich an die PIN-Nummer zu gelangen und pocht auf die Übermittlung der Kombination im Chat. Wird die Nummer übermittelt und beim Bezahlvorgang des Täters, meistens für Online-Spiele oder Internet-Lotterien, eingesetzt, taucht der Betrag auf der nächsten Handyrechnung des Opfers auf. Von all dem bekommt der echte Inhaber des kopierten Profils nichts mit.
So auch nun in Rottweil. Das gefälschte Chatprofil sah zumindest so aus wie das Facebookprofil der echten Freundin. Der Betrug fiel manchen noch rechtzeitig auf. Auf die Bezahl-SMS wurde nicht geantwortet, sodass auch kein Bezahlvorgang eingeleitet werden konnte. Das Rottweiler Opfer, die Einzelhändlerin, informierte sofort ihren gesamten „Facebook“- Freundeskreis über den kopierten Account, andere meldeten den Betrugsversuch bei „Facebook“, um das falsche Profil sperren zu lassen.
Das rät die Polizei: Der Betrug lässt sich nur mit Aufmerksamkeit verhindern, so die Paderborner Polizei. Bei jedem Datenaustausch im Internet – auch die Weitergabe einer Handynummer ist ein Datenaustausch – ist höchste Sensibilität gefragt. Erhaltene Bezahlcodes – egal ob selbst angefordert oder ohne eigene Anforderung erhalten – dürfen niemals weitergegeben werden. Damit nicht jeder auf die persönlichen Kontakte auf Facebook zugreifen kann muss in den Privatsphäreeinstellungen die Sichtbarkeit der Freundkontakte auf „nur ich“ eingestellt sein. Im Falle eines Betrugsverdachts sollte sofort die Polizei und der gesamte Freundeskreis informiert werden.