Wenn die Belegschaft einen — als harten Sanierer bekannten — neuen Geschäftsführer mit Beifall begrüßt, dann wissen die Kollegen, wie es um ihren Laden steht. „Dramatisch schlecht“ sei die Auftragslage, berichtet der ArteM-Betriebsratsvorsitzende Dieter Birk. Und das schon seit langem.
SCHRAMBERG-WALDMÖSSINGEN (him) — „Es gab einen starken Umsatzrückgang“, weiß auch der zuständige IG-Metall-Funktionär Stefan Prutscher. Jetzt werden 60 bis 70 Mitarbeiter des Mitnahme-Möbelherstellers in den kommenden Monaten ihren Job verlieren, das wäre etwa jeder Vierte.
Ein Kenner des Waldmössinger Unternehmens sieht die Probleme beim Management: „Der Fisch stinkt vom Kopf.“ ArteM, das zum Hülsta-Konzern gehört, produziert derzeit noch mit 240 Mitarbeitern Mitnahmemöbel. Allerdings fahre die Unternehmensleitung in Stadtlohn seit Jahren die falsche Strategie: Bis etwa 2008 habe das Unternehmen einfache und preisgünstige Möbel hergestellt. Dann setzte die Konzernspitze auf höherwertige Ware. „Und wir wurden Vollsortimenter“, berichtet Birk. „Der Mitnahmemarkt ist aber kein teurer Markt. Wir brauchen die Masse.“ Seit Jahren und bei jeder Betriebsversammlung habe er als Betriebsrat die falsche Strategie der Hülsta-Gesellschafter kritisiert, doch die seien „stur ihren Weg gegangen.“

Ein Irrweg, wie man inzwischen in der Hülsta-Konzernzentrale auch erkannt hat. Mit Oliver Bialowons hat das Unternehmen nun einen erfahrenen Sanierer bei ArteM zum Geschäftsführer ernannt. „Das war dringend notwendig“, so Birk. Bialowons habe sich am Montag bei einer Betriebsversammlung in Waldmössingen vorgestellt – und wurde von der Belegschaft mit Beifall begrüßt. „Wir sind froh über den Wechsel und müssen versuchen, die Dinge zu ändern.“ ArteM müsse endlich wieder Produkte herstellen, die auch gebraucht werden.
Genauso sieht es der neue Chef. In einem Interview mit der Fachzeitschrift „möbel kultur“ erklärte Bialowons, es sei „wichtig herausfinden, was genau der Endkunde will.“ Der Konzern habe sich in der jüngsten Vergangenheit „eine hohe Flop-Rate“ geleistet. Außerdem setzt der Sanierer auf Kostenreduktion und Produktivitätssteigerung. Das bedeutet für Waldmössingen: 60 bis 70 Leute müssen so schnell als möglich gehen.
Und das trotz eines bis Ende des Jahres gültigen Standortsicherungsvertrags.“Wir werden den nicht annullieren“, betont Birk. Aber jetzt gehe es ums Ganze. Der Abbau werde helfen, den Betrieb überhaupt fortzuführen. Ende Juli werde der Betriebsrat mit den neuen Geschäftsführer beraten, wie der Stellenabbau bei ArteM umgesetzt werden kann. Betriebsratschef Birk: „Wir haben nur eine Chance: Schnell einen Modellwechsel machen und den Abwärtstrend stoppen, sonst sieht es schlecht aus.“
Biawolons: Schuld an Böwe-Insolvenz?
Der jetzt bei ArteM als Sanierer angetretene Biawolons soll beim Hersteller von Kuvertiermaschinen Böwe im Jahr 2010 vorschnell Insolvenz beantragt haben. Das behauptet laut „Handelsblatt Online“ vom 1. Juli 15 der Böwe-Aktionärs Martin Büchele und hat Strafanzeige erstattet. Bialowons wollte sich auf Anfrage von Handelsblatt Online dazu nicht äußern.