DEISSLINGEN – Das klingt unglaublich, funktioniert aber offenbar: Ein „bidirektionales Kalt-Wärme-Netz“, das nur mit Sonnenenergie und Wasser betrieben wird und ein komplettes Wohngebiet mit Wärme und Strom versorgt, ganz ohne irgendwas zu verbrennen.
Vorgestellt hat es Dr. Edgar Schmieder, der mit einem Villinger Büro „Energie-Concepte“ ein solches Netz in Fischerbach im Kinzigtal betreibt, am Dienstagabend dem Deißlinger Bauausschuss. Die sich nicht nur interessiert, sondern teils richtig fasziniert zeigten von dem, was Schmieder da präsentierte.
Immerhin will man die neue Ortsmitte gestalten, und da könnte ein solches Konzept, das gänzlich ohne fossile oder auch nachwachsende Rohstoffe auskommt, durchaus eine Lösung sein. Auch im Blick darauf, dass die Deißlinger bis 2050 klimaneutral sein wollen. Denn das Netz ist zudem recht einfach zu installieren, neben den Photovoltaikanlagen auf den Häusern, die zudem über wassergefüllte Röhren in Edelstahlplatten hinter den Kollektoren deren Wärme mitnehmen, braucht es Wärmepumpen und einen großen Betontank, der mit Wasser gefüllt ist.
Die Wärme der Kollektoren, des Abwassers und der Erde wird mit einfachen, in feuchtem Sand liegenden Kunststoffrohren zum Wassertank geführt, der sich dadurch aufheizt. Und die Wärme dann in kalten Zeiten wieder an die Häuser abgibt. Dadurch kühlt er aus, wird im Extremfall zum Eiskeller, dessen Temperaturen im Sommer wiederum die Häuser kühlen.
Der ungenutzte Strom wird in containergroßen Speichern geparkt, neben kostenlosem Strom, den die Energiekonzerne dann abgeben, wenn sie Überkapazitäten haben. „Das sind mehrere hundert Kilowattstunden pro Jahr“, weiß Schmieder. Im Gegenzug nehmen sich die Konzerne Strom von den Fischerbachern, die jeder eine Ladestation für Elektroautos am Haus haben. Nehmen sich also beispielsweise den noch in der Autobatterie vorhandenen Rest, wenn sie ihn brauchen, „und damit kann man viel Geld verdienen!“
Sein Gedanke hinter dem Konzept: Noch immer würden mit fossilen und nachwachsenden Rohstoffen durch deren Verbrennung Temperaturen von um die 1000 Grad erzeugt, um eine Raumtemperatur von 22 Grad zu erreichen. Und die Rohstoffe seien nun mal endlich, auch wenn man sich derzeit über niedrige Ölpreise freue.
Schmieder geht zudem davon aus, dass der Holzpreis weiter steigen wird. Neue Speichertechnologien und wesentlich effektivere Photovoltaikanlagen werden bald zur Verfügung stehen – für den Physiker ist daher klar: „Das Zeitalter des Verbrennens ist vorbei!“ Und die Deißlinger werden demnächst eine Exkursion machen, um sich das Projekt in Fischerbach anzuschauen.