„Hinter den Chören liegen schwere Zeiten“, das betonte Tuttlingens Erster Bürgermeister Emil Buschle beim Chorverbandstag am Samstag. Lange Zeiten ohne Proben, die Sänger als Spreader der Aerosole, oder vielleicht doch nur der Händedruck? „Wir müssen wieder in den Normalmodus zurückfinden“, gab er in Tuttlingen den zahlreichen Vertretern der Chöre in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg mit auf den Weg.
Dieter Kleinmann, Vorsitzender des Chorverbands Schwarzwald-Baar-Heuberg, gedachte der Verstorbenen, darunter vor allem Klaus Hipp, der viele Jahre aktiv im Verband tätig war. Ihnen zu Ehren sang man gemeinsam den Bardenchor. Ohnehin gehört das Singen bei einer solchen Veranstaltung dazu. Den Auftakt machte „Ich bin ganz Chor“, eigens komponiert für das 125-jährige Jubiläum des Verbands 2011 und angeleitet von Verbandschormeisterin Judith Lang-Rutha. Ausrichter des Chorverbandstags war die Chorgemeinschaft Tuttlingen, und deren Ehrenvorsitzende Kurt Binder blickte auf die lange Geschichte des Gesangs unterm Honberg zurück.
Lob für „Vocal Challenge“
Emil Buschle betonte die enorme Bedeutung des gemeinsamen Singens, gerade für Ältere und gerade jetzt, und freute sich, dass auf der Bühne so viele junge Gesichter zu sehen waren. Da mache er sich keine Sorgen, der Verein „ist ein Glücksfall für Stadt und Region!“ Gerade die so erfolgreiche Vocal Challenge habe gezeigt, dass die Chöre Zukunft haben. Das Vereinsleben habe durch die Pandemie einen Umbruch erlebt, die Menschen hätten es sich bequem gemacht und sich mit ihrer Couch versöhnt. „Ich möchte Sie ermutigen, weiterzumachen“, sagte Buschle, „aber ich bin zuversichtlich.“
Der CDU-Landtagsabgeordnete Guido Wolf überbrachte die Grüße der Landesregierung und verglich die Sänger mit den Politikern: „Wenn man uns die Stimme vorenthält, sind wir k.o.!“ Nach der Pandemie hätten die Menschen wieder Lust auf Gemeinsamkeit. Das spüre er bei den vielen Festen derzeit. „Da hat sich etwas aufgestaut.“ Er dankte Dieter Kleinmann für seine über 20-jährige Tätigkeit als Vorsitzender des Chorverbands. „Ich bin jetzt seit einem Jahr Vorsitzender des Blasmusikverbands. 20 Jahre – das kann ich mir gar nicht vorstellen!“
Kladderadatsch abgeschafft
Kleinmann selbst ging auch auf die strukturellen Veränderungen der letzten Jahre im Verband ein. „Ich bin froh, dass wir diesen ganzen Kladderadatsch der Aufteilung zwischen Vorstand und Beirat abgeschafft haben!“ Denn inzwischen sind alle Vorstandsmitglieder gleichberechtigt, „und das finde ich gut.“ Er betonte, dass der Verband ein Dienstleister für die Vereine sei. So habe man während der Pandemie mit den Vereinsvorständen telefoniert, um zu fragen, wo sie der Schuh drückt und wie man ihnen helfen könne – „eine sehr gelungene Aktion, die großes Echo fand.“ Leider gebe es trotzdem kleine Vereine, die aufgeben müssten, meist altersbedingt.
Nun stehe man vor der Frage, wie ein Neustart gelingen könnte. Ein Angebot des Verbands ist dabei das offene Singen, das im zweiten Anlauf großen Anklang fand – über 60 Sängerinnen und Sänger trafen sich in Neufra, um gemeinsam mehrstimmig zu singen (wir berichteten). Hier könne jeder mitmachen, ob Mitglied in einem Chor oder nicht. Ein weiteres offenes Singen wird demnächst im Raum Tuttlingen stattfinden.
Lehrgänge geplant
Chormeisterin Judith Lang-Rutha hatte wenig zu berichten, blickte aber nach vorne: Im kommenden Jahr wird es wieder Fortbildungsangebote geben, unter anderem einen Vizechorleiterlehrgang. „Es ist uns ein großes Anliegen, dass die Chöre Vizechorleiterinnen und -leiter haben“, betonte Dieter Kleinmann. Eine hervorragende Arbeit bescheinigte Emil Buschle dem Chorverbandsvorstand, die von ihm beantragte Entlastung wurde dann auch einstimmig angenommen.
Würdigung durch Marcel Dreiling
Die Ehrennadel in Gold des Schwäbischen Chorverbandes erhielt Monika Koch für ihren Einsatz als Geschäftsführerin und Schatzmeisterin des Chorverbandes Schwarzwald-Baar-Heuberg. Die Laudatio hielt Musikdirektor Marcel Dreiling, Präsidiumsmitglied des Schwäbischen Chorverbands. Viele große Veranstaltungen, darunter die Chormessen, die einstigen Gauchortage, Modell- und Benefizkonzerte habe sie akribisch vorbereitet und mit großem Engagement gemanagt, so auch die Beteiligung der Chöre an der Aufführung des „Freischütz“ im Wasserschloss Glatt und Konzertreisen nach Helsinki und Tallinn. Hervorzuheben sei auch ihr unermüdliches Bemühen um die Arbeit der Vereine, für die sie stets Ansprechpartner war, gerne Auskünfte erteilte und Unterstützung anbot. Auch das Werben für das Singen durch neue ansprechende Angebote lag Monika Koch stets am Herzen, so Dreiling.
Ehrung für Herbert Maier
Die goldene Ehrennadel des Chorverbandes überreichte Dieter Kleinmann an Herbert Maier vom Liederkranz Deißlingen sowie an Helma Fischer, Gerda Kaupp, Theresia Buob und Annette Breil von der Sängerlust Wittershausen, an Gabriela Gollasch und Cornelia Schöntges vom Liederkranz Schwenningen. Sie alle zeichnet ein langjähriges ehrenamtliches Engagement in ihren Vereinen und im Chorverband SBH aus.

Die letzte goldene Ehrennadel ging an Uli Groß, die in Frittlingen und Tuttlingen als Chorleiterin engagiert ist. Sie initiierte und managte auch maßgeblich den Wettbewerb „Vocal Challenge“. Wie erfolgreich dieser war, konnte man im Saal des evangelischen Gemeindehauses mit Blick auf die Donau erleben, denn hier gab es mehrere Beiträge zu hören, die zu den Halbfinalisten und Finalisten bei der Challenge gehörten. „Wir wollen die ganze Region vom Singen begeistern. Es hat gezeigt, wie toll Chormusik sein kann.“ Eine Neuauflage ist angedacht, „wir hoffen, dass wir es im Zweijahresabstand machen können“, sagte Uli Groß.