Scharfe Kritik an den USA und am Westen übte der ehemalige Parlamentarische Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium, Willy Wimmer, CDU, wegen des Bruchs des Völkerrechts im Krieg gegen das ehemalige Jugoslawien.
SCHRAMBERG (him) -Wimmer sprach bei einem Vortrags- und Gesprächsabend über „Frieden in Gefahr? – Ukrainekonflikt, Russland, USA … und wir?“ am Montagabend im evangelischen Gemeindehaus in Schramberg.
Sein Vortrag stieß auf reges Interesse, etwa 100 Besucher waren zu dieser Kooperationsveranstaltung von Pax Christi Schramberg, Eine Welt Forum Schramberg und Ökumenischem Arbeitskreis Frieden gekommen. Im Albert-Schweitzer-Saal hatte Christoph Stocker im Namen der Veranstalter die Gäste begrüßt.
Vorher hatte OB-Stellvertreter Udo Neudeck gemeinsam mit weiteren Gemeinderatsvertretern den Gast in Schramberg willkommen geheißen. Mit einem Eintrag ins Goldene Buch der Stadt hat sich der Mönchengladbacher Wimmer für die Einladung bedankt – und dabei eine kleine Unsicherheit über die historischen Zugehörigkeitsverhältnisse Schrambergs gezeigt.
Aufgrund der andauernden Krise in der Ukraine sei das Thema hochaktuell, so Stocker, und Wimmer bot mit seinen Thesen und seinem Wissen als Zeitzeuge Anlass für weitere Diskussionen und Gespräche.
Wimmer erinnerte an zwei Gedenktage, die demnächst anstehen: 70 Jahre Ende des zweiten Weltkriegs und 25 Jahre Wiedervereinigung. Er bedauerte, dass wir aus den „reichlich ausgeteilten Talenten“ nichts gemacht hätten. Das von Gorbatschow angestrebte „gemeinsame Haus Europa“ verschließe sich mehr und mehr Russland. Die Idee „verhandeln statt rüsten“ werde aufgegeben, der Bundespräsident spreche wieder von der militärischen Komponente. „Ich hätte es vor 14 Monaten nicht für möglich gehalten, dass wir wieder über Krieg reden.“ Wimmer bedauerte, dass „Verhandeln als Erfolgskonzept“ verschwinde und der russische Präsident nicht zum G 7 treffen in Bayern eingeladen werde. Putin sei doch der notwendige Partner, wenn man Probleme lösen wolle.
Diesen Wandel führte Wimmer auf eine Änderung der US-Politik Anfang der 90er Jahre zurück. Nach dem Zusammenbruch des Ostblocks sei klar gewesen, die Nato solle sich nicht bis an die grenzen der Russischen Föderation ausbreiten, denn sonst we4rde es wieder eine mauer geben. Die Erfahrungen mit Napoleon und Hitler bestimmten die russische Politik. Doch dann habe die USAS ihre Politik neu justiert: Die USA hätten damals erkannt, dass „eine friedensbestimmte Politik nicht in ihrem Interesse“ sei, behauptet Wimmer. Infolgedessen seien Institutionen wie die KSZE und heute die OSZE geschwächt worden.
Der Krieg gegen Jugoslawien sei „losgetreten worden ohne jede Legitimation durch die UN“, kritisierte Wimmer. Der bewusste Bruch des Völkerrechts sei vom damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder kürzlich offen zugegeben worden. Die Folge sei gewesen, dass das Völkerrecht heute wenig gilt. „Wäre damals das Völkerrecht nicht gebrochen worden“, so Wimmer, „gäbe es das leistungsfähige Völkerrecht noch.“ Der ehemalige US-Außenminister Henry Kissinger vertrete gar die Ansicht, das althergebrachte Völkerrecht solle ganz abgeschafft und durch ein neues, den US-Interessen entsprechendes ersetzt werden. Der Westen habe das Völkerrecht zerstört, aber: „Die Welt hat keine Perspektive, wenn es eine Welt des Faustrechts wird.“
Wimmer kritisierte auch die Presse, die nicht mehr stark genug sei und warnte schließlich vor einem neuen globalen Konflikt: “Es fehlt nur noch die gemeinsame Zündschnur.“
In der anschließenden Diskussion beantwortete der ehemalige CDU-Abgeordnete unter anderem Fragen zu den Militärspielen und Manövern. Er lobte die Beharrlichkeit von Kanzlerin Angela Merkel, die im Ukraine-Konflikt auf Verhandlungen setze. Die kürzlich beendeten Verhandlungen in Lausanne zum Atomprogramm des Irans zeige eine Änderung der US-Politik, aber „eine Schwalbe macht noch keinen Sommer.“