ROTTWEIL (pm) — Zu einem abwechslungsreichen Programm trafen sich die Mitglieder des Ambulanten Hospizdiensts Rottweil im Kloster Kirchberg. Zum Spektrum des ersten Tages gehörte der Meinungsaustauch über die zurückliegende Arbeit, das gesellige Zusammensein, der Dokumentarfilm „Notausgang“ über passive Sterbehilfe von Andreas von Hören, aber auch ein ganz ungewöhnliches Video von Thomas Stellmach und Maja Oschmann „virtuos virtuell“.
Die in diesem Video gezeigten Tuschezeichnungen bauen sich feuerwerksartig zu einer Musikkomposition von Louis Spohr auf und halten den Betrachter in Bann, besser gesagt, sie berauschen ihn förmlich. Ein gelungener Höhepunkt des ersten Abends, mit dem Ursula Switek, die Koordinatorin der Gruppe ihre Mitglieder überraschte.
Im Mittelpunkt des zweiten Tages stand das Thema „Märchen zwischen Leben und Tod“. Dazu hatte sich die Hospizgruppe, die in Rottweil lebende Magdalena Rau eingeladen. Die gelernte Erzieherin und Musiktherapeutin arbeitet heute als selbständige Pädagogin und gilt zu Recht als profunde Kennerin alter Volksmärchen. Unter ihrer Anleitung erschlossen sich die Teilnehmerinnen die Bedeutung der Urbilder und Symbolsprache der Märchen, Träume und zum Teil auch der biblischen Geschichten.
Ein wesentliches Kennzeichen der alten Volksmärchen besteht darin, dass Inhalte ohne genaue Detailbeschreibung, Bild an Bild gereiht werden. Gerade diese Eigenschaft erlaubt den Zuhörern der unterschiedlichsten Altersstufen, die jeweils ihnen gemäße Ausdeutung. Die äußeren Bilder der Märchen verdeutlichen ein inneres Geschehen der Handelnden und ermöglichen so den Individualisierungsprozess.
Letztendlich ermutigen fast alle Märchen unseres Kulturschatzes zu einem erfüllten Leben, so Rau. Die zentrale Figur, die immer wieder Neid, Eifersucht und Missgunst erfahren muss, ist nicht auf der Welt, um zu scheitern.Um im Bild der Märchen zu bleiben: Sie darf die Krone des Lebens davontragen.
Der Glasberg, das kristallene Schloss, eine Unterwasserwelt sind als Bilder der jenseitigen Welt zu verstehen, aus der die Rückkehr in unsere Welt für den Protagonisten im Märchen aber durchaus möglich ist. Das Abstreifen alter Lasten als Voraussetzung zum Übergang in eine bessere Welt: so kann das als Esel — also mit vielen Unzulänglichkeiten — geborene Königskind, doch noch zum Prinzen werden. Frau Rau ging es nicht vordergründig darum, ihre Zuhörer zu verzaubern, sondern ihnen die Symbolsprache zu erschließen. Gerade beim Umgang mit Schwerstkranken und Sterbenden ist dies eine zentrale Aufgabe, der sich die Hospizmitarbeiterinnen auch immer wieder stellen müssen.