Es wird wieder gestritten. Nach dem kurzen Schock des Lockdowns im März, als von jetzt auf gleich alles zu hatte und jeder verdattert zuhause saß, wird also wieder gestritten.
Ging mir auch privat so, weswegen ich demnächst in den Pfingstferien ein Date für einen Versöhnungsspaziergang habe. Ein Konflikt, der schon lange schwelte, ist im Zusammenhang mit dem unterschiedlichen Umgang mit Coronaregeln richtig aufgebrochen. Nun denn. Ich weiß, wie ich reingekommen bin, ich komm auch wieder raus – Hand reichen, drüber reden, nicht unbedingt übernehmen, aber wenigstens verstehen. Irgendeinen Zugang gibt´s immer. Ich freu mich aufs Versöhnen, (Mindestabstand wird eingehalten – naja, vielleicht ein kleines Umarmen, aber ohne Austausch irgendwelcher Tröpfchen). Außerdem ist immer hilfreich, ich führe mir – günstig ist, mein Gegenüber tut dasselbe – vor Augen, dass zwar jeder jederzeit und zu allem seine Meinung und seinen Standpunkt kundtun kann und darf, dass der aber nicht immer zum Tragen kommt. Manchmal gibt es gute, bessere Gründe, einem anderen Standpunkt den Vorzug zu geben. Es kann sogar geschehen, dass, wo die Sachlage das nahelegt und die Gegensätze der Haltungen weit auseinanderreichen, dass ich da also häufig zurückstehen muss mit meiner Meinung. Sei´s drum. Auch nachgeben will gekonnt sein, und mein Selbstverständnis hängt ja nun nicht – das wäre traurig – an der Erwartung, mich stets durchsetzen zu müssen.
Und gestritten wird auch auf der großen, öffentlichen Bühne. Und wie. Zurück zu ´normal´ ist halt auch schnell ´zurück zum alten Irrsinn´. In der Politik das übliche Geschacher und Geschiebe und Veränderung ohne Veränderung. Auf der Bühne nebenan geht es um den Protest dagegen, aber vielfach gar nicht ums Streiten – nicht um einen Konflikt, für den man eine Lösung sucht – sondern um die bloße Vorherrschaft, ums Hauen und Stechen und darum, dem Gegner eins auszuwischen. Und das gibt es so auf dem Land im Schwäbischen wie auch am Sitz des mächtigsten Mannes der Welt, im Weißen Haus. Das ist ein Elend, ob dem ich bisweilen an der Welt verzweifeln könnte. Wo kommt nur all diese Wut her, die einen daraus anschreit? Haben die so schlechte Erfahrungen mit Liebe gemacht? Oder einfach nicht genug? Aber die Wut ausgerechnet von Leuten, die durchaus – zumindest sieht das für mich so aus – genauso viele Gründe hätten, frohgemut und zufrieden zu sein, wie offenbar welche wütend zu sein. Es wüten ja durchaus nicht die ärmsten Säcke unter der Sonne, sondern die, die halt doch eher auf der privilegierten Seite des Daseins hocken. Vielleicht ist es das – ob sie das nun wissen oder nicht – wie privilegiert sie sind – sie leiden unter Verlustängsten, unter fürchterlichsten Verlustängsten. Und Angst macht wütend. Das tut mir leid, aber helfen lassen sie sich auch nicht. Helfen lassen würden sie sich nur auf eine einzige Art und Weise – mehr! Gegen die Angst gegen ´weniger´ hilft nur ´mehr´. Das ist tragisch. Und ziemlich kacke ist, dass Wut sich gerne jemanden sucht, an dem sie sich auslassen kann. Daher dies ewige Hetzen und Sticheln und Stänkern und Treten in alle Richtungen. Nun denn. Es ist nicht meine Wut, und ich nehme sie auch nicht an. Ich hoffe, es ist auch nicht die Ihre. Das kränkt sie wieder, die Wütenden, und macht sie umso wütender.
Ich sag ja – es ist ein Elend.
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