In unserer kleinen Reihe mit Gedichten zu den Adventssontagen von Joachim Huber aus Schramberg hier nun der vierte und letzte Teil:
Der Countdown
Einen Tag noch sind wir entfernt,
das Essen besorgen – so ist’s gelernt,
sonst steht an Weihnachten auf dem Tisch
nur ’ne Konserve mit Wurst und Fisch.
Was soll es dieses Jahr denn sein,
was wollen wir essen zu gutem Wein?
An Heiligabend statistisch akkurat,
gibt’s Würstchen mit Kartoffelsalat.
Den Braten gibt’s am Festtag eins,
so lief das meist bei unsereins.
Im Ofen da garte dann ’ne Gans
während wir zur allgemein Stimulans,
’nen Likör schon tranken oder ’nen Schnaps,
doch gediegen mäßig, sonst droht der Kollaps,
durch zu viel Genuss von Alkohol,
schon vor den Klößen und dem Kohl.
Manche setzen beim Braten Akzente,
mit Rind und dann auch mal mit Ente.
Oder es steht auf dem Menu,
ein Fleisch- oder auch ein Käsefondue.
Von Zeit zu Zeit ist es ganz nett,
gibt es ein deftiges Raclette.
Damit das alles steht auf Tisch,
perfekt zubereitet und ganz frisch,
muß man nun – ob man will oder nicht,
zum Einkaufen raus mit Zuversicht.
Der Metzger ist die erste Station,
da fängt schon an der Marathon,
hat man doch extra im voraus bestellt,
es ist vorgerichtet – man braucht nur noch Geld.
Beim Anstehen sucht man die richtige Schlange,
es gibt da zwei – mir wird jetzt bange.
Die eine Schlange ist recht kurz,
da ist es mir dann einfach schnurz,
zu fragen, ob’s ’nen Unterschied gibt,
ich stelle mich jetzt mal ganz stupid.
An der Reihe bin ich nun dran,
ich nur dumm dann staunen kann,
als ich werde aufgeklärt,
hab‘ in die andere Schlange gehört.
Ich hätte mich in diese gestellt,
in der man ganz normal bestellt.
Ich reihe mich ein in die andere Schlange,
bin leicht erzürnt zu dem Belange
und frage mich, warum die dann
nur so lange sein denn kann?
Was ist das denn für eine Tortour?
Bis ich dem Rätsel komm auf die Spur,
da fünf Verkäufer im Hintergrund wüten,
beim Suchen nach den richtigen Tüten.
„Ich hab hier Meier mit „ei“ jetzt,“
doch der Mann vor mir schaut entsetzt,
„Nein, das muss ein „ai“ sein,
sonst nehme ich noch mit Heim ein Schwein!“
„Hier ist ne Gans, aber es steht nix drauf“,
so nimmt das Drama seinen Lauf.
Jetzt muss man ganz schön tapfer sein
und weiß genau dann hintendrein,
die Vorbestellung man nicht mehr macht,
es ging daneben – der Vorbedacht.
Die Zeit die rast und auch Papa,
jetzt schnell noch rein ins Edeka.
Der Parkplatz schon verdächtig voll,
Lautsprecher plärren Rockn‘ Roll,
„Rock around the christmas tree“,
das gibt doch gleich mal Energie.
Den letzten Wagen schnell geschnappt,
auch wenn mich ein Anderer blöd anpappt,
daß dies sein Wagen doch jetzt sei,
ich meine, das sei einerlei.
Rein in den Laden und in die Gänge,
doch bald bemerke ich Gedränge,
der Rotkohl ist aus, das läuft nicht gut,
ich nehm zusammen meinen Mut,
nehme Gemüse und Aprikose
dann notgedrungen in der Dose.
Der Wagen wird voll – und wo gibt’s jetzt hier,
das dringend benötigte Weihnachtsbier?
Wo ist der gute Tropfen, der feine Sekt,
dabei ich fahre – wohl im Affekt,
dem Vordermann in die Ferse rein,
er zuckt zusammen im Gebein.
„Sie Vollpfosten Sie – merken Sie denn nicht,
daß mir dies fast die Ferse bricht!“
„Ach stellen Sie sich jetzt nicht an,
es hat Ihnen ja doch gar nichts getan,
machen Sie lieber den Weg mir frei,
ich muß nachher noch zur Bäckerei!“
Er ist dann wirklich sauer mit mir,
gibt mir den Namen von borstig Tier
und ich merke bestürzt – ich ganz erblasse,
ich steh‘ hier schon in der Schlange zur Kasse.
Der Ladenbesitzer jetzt uns anschleicht
und schnell allen Beteiligten Sekt anreicht,
„Leute, lasst uns froh und munter sein,
wer Sekt nicht mag, der kriegt auch Wein!“
Ich greife zu – sehr zugeneigt,
es mir dann rasch zu Kopfe steigt,
bis an der Kasse im Nebel ich steh‘
und vor mir der Rentner mit Portemonnaie,
nach Centstücken sucht, er zählt sie schön raus,
oh Mann, ich sollte schon längst sein zu Haus.
Am Schluß es ihm dann mit den Münzen nicht reicht,
mein Blutdruck bedenkliche Höhe erreicht,
er fahndet dann nach einem Schein,
nur Ruhe – das kann doch alles nicht sein.
Ich endlich zum Auto renne – leger,
da sehe ich nicht die Rinne quer,
nur denke, dass ich den Käse versäumt,
als sich ganz plötzlich mein Wagen aufbäumt,
den ganzen Einkauf in einem Satz,
großzügig verteilt auf dem Parkplatz.
Restlos bedient fluche ich gleich los,
da ich mich tatsächlich sehr erbos,
als mir jemand hilft – direkt aus dem Stand
und mir da reicht ’ne willkommene Hand.
Ich bin erstaunt und staune noch mehr,
als ich ihn anschaue – das ist doch der,
dem ich so bös in die Ferse gefahren,
trotzdem kann ich hier seine Hilfe erfahren.
Das beeindruckt mich sehr, ich halte inne
und selbst so langsam auch beginne,
zu verstehen, dass ich doch wirklich fürwahr,
ein schrecklich Rüpel gewesen war.
Der Mann ist schon weg ein ganzes Stück weit,
als ich noch rufe „Es tut mir sehr leid,
ich wünsche Ihnen in Dankbarkeit,
eine frohe Weihnachtszeit!“
Liedvorschlag: Do they know it’s Christmas?