Im bald beginnenden Schuljahr startet eine breit angelegte Präventionsaktion zu Essstörungen im Landkreis Rottweil. Das Gesundheitsamt des Landkreises und die AOK Schwarzwald-Baar-Heuberg bringen laut gemeinsamer Pressemitteilung zusammen das Präventionstheater „Püppchen“ an die weiterführenden Schulen.
„Eine Essstörung ist eine schwerwiegende Erkrankung“, erklärt Claudia Stahl, Mitarbeiterin der Präventionsabteilung vom Gesundheitsamt. „Das gilt natürlich für Magersucht, aber auch für andere Formen von Essstörungen wie etwa Bulimie, also Ess-Brechsucht.“ Diese werde oft nicht so schnell erkannt, löse aber ebenfalls schwerwiegende gesundheitliche Schäden aus, von den seelischen Folgen ganz abgesehen. „Das soziale Umfeld nimmt eine Essstörung oft erst sehr spät wahr. Die Betroffenen versuchen ihr Essverhalten zu verbergen.“
Ingo Marot, Leiter der Gesundheitsförderung bei der AOK Schwarzwald-Baar-Heuberg weist auf den starken Anstieg der an einer Essstörung Erkrankten in den vergangenen Jahren hin: „Wir haben bei unseren Versicherten im Landkreis Rottweil einen Anstieg um 85 Prozent im Zeitraum von 2008 bis 2016 festgestellt.“
Zuletzt zählte die AOK 203 Betroffene, davon 54 an Anorexie, also Magersucht Erkrankte. Rund die Hälfte der Bevölkerung sei bei der AOK versichert, so dass man die Gesamtzahl der an Essstörungen Erkrankten im Landkreis auf rund 400 Personen schätzen könne, so der AOK-Experte. Hinzu käme noch eine hohe Dunkelziffer, da nicht alle Betroffenen in ärztlicher Behandlung seien.
Besonders auffällig sei der starke Anstieg der Erkrankungen beim Übertritt von der Altersgruppe der unter 15-Jährigen zu den 15- bis 19-Jährigen. Vorsorgemaßnahmen müssen daher bereits in einem frühen Lebensalter einsetzen. Aus diesem Grund haben die beiden Partner mit dem Präventionstheater „Püppchen“ einschließlich einer theaterpädagogischen Nachbereitung im Klassenverband die fünften bis siebten Klassen an allen weiterführenden Schulen im Landkreis im Blick.
Das Theaterstück „Püppchen“ haben die beiden Schauspielerinnen Monika Wieder und Sarah Gros vom Schauspielensemble Sakramo 3D selbst geschrieben. „Das Stück erzählt spannend und sensibel die Geschichte von zwei Mädchen, die ohne davon zu wissen einen ähnlichen Weg gewählt haben mit ihren Problemen umzugehen“, erläutert Monika Wieder den Inhalt. Dennoch entwickeln sich die beiden Charaktere im Verlauf des Stücks in unterschiedliche Richtungen. Es bleibe aber nicht nur bei der Theateraufführung selbst, erklärt ihre Kollegin Sarah Gros: „Das Gesehene wird anschließend im Klassenverband aufgearbeitet. Dabei wollen wir das Selbstbewusstsein der Schülerinnen und Schüler stärken. Sie sollen ermutigt werden, mit Problemen aktiv umzugehen.“
Das Projekt wurde kürzlich Vertretern der Schulsozialarbeit im Landkreis vorgestellt. „Wir hatten bereits an diesem Termin 14 feste Zusagen von Schulen für die Präventionsaktion. Das ist eine sehr gute Resonanz und zeigt, dass wir mit dem Thema richtigliegen“, so Ingo Marot. Auch Claudia Stahl freut sich über das hohe Interesse: „Wir wollen dieses Thema nachhaltig im Landkreis verankern. Geplant ist unter anderem die Bildung einer Selbsthilfegruppe.“