DEISSLINGEN – Die Narrenmesse in Deißlingen am Fasnetssonntag hat eine lange Tradition: Seit 30 Jahren begleiten die Hageverwürger den Gottesdienst. Nun gab es aber noch ein weiteres Jubläum in der Laurentiuskirche zu feiern, nämlich die Hagebänd und ihre 25 Jahre. Das nahmen die Musiker zum Anlass, den Gottesdienst mitzugestalten, und hatten sich mit Tati Mitsche gleich noch gesangliche Verstärkung dazugeholt.
Das sorgte für Szenenapplaus, besonders bei ihrem Duett mit Pfarrer Edwin Stier. Der sich über sein Messgewand das Kuhhorn gehängt hatte und aus seiner Freude über die vollen Kirchenbänke keinen Hehl machte: “Oh wie schön, hab Euch schon lang nicht mehr geseh!”, sang er der Gemeinde vor, die dann nachsingen durfte: “Oh wie schon, wir haben Dich schon lang nicht mehr gehört!”
In seiner gereimter Predigt ging es aber keineswegs nur lustig zu, denn Stier nutzte die Gelegenheit, auch auf die Situation in den Teilen der Welt aufmerksam zu machen, in denen nicht fröhlich Fasnet gefeiert werden kann. Er sprach von missbrauchten und zerbombten Kindern, vom Elend der geschundenen Leiber und davon, dass tumber Nationalismus uns schon zwei Kriege beschert hat. “Wir haben nicht das Recht, alleine glücklich zu sein!” Und auch Deutschland sei keineswegs heile Welt, es fehle an Solidarität. Dabei sei die Welt so reich, “mir platzet schier – zumindescht i!” Der Narr solle die Fasnet mal ganz neu sehen, sich selbst als Karikatur, “an reata Hage langt sich selbst ans Horn!” Und die Hagefrau lange dem eine, der ihr ans Euter fasse – Stiers närrische Variante der “me too”-Debatte.
Er forderte die Gemeinde auf, Narren um Christi Willen zu sein, wie Paulus, “der fürchtet weder Hage noch Kröpfer, er steht zu seinem Schöpfer!” Beifall gab es dafür, und auch für die Musik der Hagebänd, samt dem etwas eigenwilligen Lob von Zunftmeister Rainer Schmeh: Die Hagebänd, dieser Haufa: “Ihr kennet it bloß Jägermeischter saufa!” Den Segen vom Pfarrer und wohl auch seine eindringlichen Reime nahmen die Narren dann mit nach Hohentengen, wo die Deißlinger den dortigen Umzug bereicherten. Mit und ohne Jägermeister.