Schramberg-Heiligenbronn (wit) – 150 Jahre ist es her, als am 7. Mai 1868 mit Anna Maria Lerch aus Schönebürg bei Laupheim das erste blinde Kind in der Rettungsanstalt des Klosters in Heiligenbronn aufgenommen wurde. Nun wurde das 150-jährige Bestehen der Schule für Blinde und Sehbehinderte in Heiligenbronn gefeiert.

Die Franziskanerinnen legten 1868 damit den Grundstein der bald zweiklassigen Blindenschule. Blinde und sehbehinderte Menschen gehören seither zum Kloster und der heutigen Stiftungseinrichtung wie auch zum Stadtteil und der Stadt Schramberg. Was damals ein Akt der Fürsorge war hat sich heute zu einem Menschenrecht weiterentwickelt: Die Integration ins gesellschaftliche Leben.

Los ging das Festprogramm am Samstag mit einem Festgottesdienst in der Kirche St. Gallus. Dem schloss sich ein Festakt im Elisabetha-Glöckler-Saal an. Dorthin hatten zahlreiche geladene Gäste aus der Stiftung selbst, aus dem Schulleben, aus der Politik, und der Wissenschaft den Weg gefunden. Darunter mit Verena Bentele und Frank Höfle auch zwei ehemalige Schüler, die zunächst als unglaublich erfolgreiche Behindertensportler ihren Weg gemacht hatten und heute mitten im Leben stehen. So war Verena Bentele Behindertenbeauftragte der Bundesregierung und ist heute Präsidentin des VdK.

Begrüßt wurden die zahlreichen Gäste durch Schulleiter Dietmar Stephan, der auch durch das Programm des Festakts führte. Die musikalische Umrahmung übernahm die Klasse HSK 3 zunächst als Comedian Harmonists und später als Fanta 4.

In seiner Rede zum Jubiläum aus Anlass des 150-jährigen Bestehens der Schule, freute sich Vorstand Hubert Bernhard, dass der Fortschritt auch vor Heiligenbronn nicht Halt gemacht habe: „Auch hier in Heiligenbronn ist der Wandel sichtbar, so manches hat sich in den vergangenen Jahrzehnten von Grund auf verändert. Und es wurde, ohne zu übertreiben, mitunter auch Geschichte geschrieben.“ Unter den Steinen, die sich aneinanderreihten, befanden sich laut Bernhard mitunter auch Meilensteine in der Blinden- und Sehbehindertenpädagogik.

Hubert Bernhard erinnerte daran, dass im Jahr 1855 ein junger Vikar namens David Fuchs auf Geheiß des Bischofs nach Heiligenbronn kam. Mit der Gründung des Klosters im Jahre 1857 habe er die Antwort auf die sozialen Fragen des 19. Jahrhunderts und die Nöte der Zeit gegeben.
Nach der Aufnahme des ersten Kinds im Jahr 1868 wurden bereits zehn Jahre später 16 blinde Kinder und Jugendliche in Heiligenbronn aufgenommen: „Das Heim bot Heimat und Geborgenheit und war gleichzeitig Bildungsstätte.“ Die Kinder wurden auf ein selbstständiges Leben in der Gesellschaft vorbereitet. Im Jahr 1887 wurde in Heiligenbronn die Brailleschrift eingeführt. Im Jahr 1901 wurde die Blindenschule dann um eine Berufsschule erweitert. Ab dem Jahr 1937 unterrichtete mit Schwester M Ancilla Biesenberger die erste sonderpädagogisch ausgebildete Blindenlehrerin in Heiligenbronn.
Die Zeit des Nationalsozialimus hatte auch Auswirkungen auf diesen Ort. Während des zweiten Weltkriegs konnte kein regulärer Unterricht gehalten werden.
In den Nachkriegsjahren kam die Blinden- und Sehbehindertenpädagogik nach den Worten von Hubert Bernhard dann so richtig in Bewegung. Anfangs war dies vor allem in Person von Schwester Bonaventura Hauser.
Das Jahr 1993 war das Jahr der Zustiftung: Das Kloster Heiligenbronn hat damals sämtliche Immobilien und sämtlichen Grundbesitz inklusive einer angemessenen Kapitalausstattung an die Stiftung St. Franziskus Heiligenbronn übertragen. Die Klostergemeinschaft war damit laut Bernhard an die Grenzen ihrer Möglichkeiten gegangen.
Im Jahr 2000 kam das erste Kind mit Taubblindheit nach Heiligenbronn. Gezielt sei auf Professionalisierung gesetzt worden. In den vergangenen Jahren sei in den Bereichen Hörsehbehinderung und Taubblindheit eine hohe Fachlichkeit erreicht worden. Wert legt Hubert Bernhard darauf: „Heiligenbronn steht für ein Angebot, das sich nicht nur auf das rein Funktionale konzentriert, sondern vor allem auch das Menschliche jedes einzelnen Individuums betrachtet und wertschätzt.“

Den Festvortrag hielt Professor Markus Lang von der PH Heidelberg, der eng mit der Stiftung St. Franziskus verbunden ist. Er befasste sich in seinem Vortrag unter anderem mit den pädagogischen Herausforderungen. So seien Menschen mit Taubblindheit auf eine besondere Pädagogik angewiesen. Als aktuelle Herausforderungen sieht er die Sicherung der Expertise, die Digitalisierung und die Inklusion. Zunächst sei die Arbeit caritativ geprägt gewesen, heute gehe es um Teilhabe. Dabei verwies er auf das „Menschenbild der Menschlichkeit“ nach Speck als Grundlage des pädagogischen Miteinanders. Eine wichtige Rolle spielt für Professor Lang auch die Personale Pädagogik nach Martin Buber. Wichtig ist demnach auch eine dialogorientierte Grundhaltung. Für Lehrer ist es nach seinen Worten wichtig, dass sie gegenüber den Schülern ein „aufrichtiges empathisches Gespür haben“.
Grußworte kamen von Generaloberin Schwester M. Agnes Löber, Oberbürgermeister Thomas Herzog, der Leitenden Schulamtsdirektorin Sabine Rösner und von Bernhard Hamann als Vertreter des Landrats.
Bei einem kleinen Umtrunk tauschten sich die geladenen Gäste aus, während draußen der Festbetrieb begann. Über diesen werden wir noch berichten.