Die katholische Kirchengemeinde Lauterbach hat derzeit Besuch von Pfarrer David Vadakkummuriyil, der für sechs Wochen die Urlaubsvertretung von Pfarrer Rüdiger Kocholl übernimmt. Sein Besuch hat in diesem Jahr eine ganz besondere Bedeutung: In seiner Heimat, im Süden von Indien, leiden die Menschen unter einer Jahrhundertflut.
Der 38-jährige Inder ist seit elf Jahren Pfarrer und schreibt derzeit in Rom an seiner Doktorarbeit in Patrologie – dem Studium des Lebens, der Schriften und der Lehren der Kirchenväter. Er kommt aus Tiruvalla, der Partnerdiözese der Lauterbacher Kolpingsfamilie.
Deren Vorsitzender Hubert Nagel erzählt, es sei Tradition, dass die Priester aus Tiruvalla, die in Rom studieren, einen oder mehrere Sommer in Lauterbach verbringen. Pfarrer David sei schon der siebte.
Kontakt und Hilfe seit drei Jahrzehnten
Die Kolpingsfamilie in Lauterbach ist sehr aktiv. Seit 1989 besteht eine Partnerschaft mit der Sozialstation Bodhana in der Provinz Tiruvalla in Kerala, Indien. Dank der Hilfe der Lauterbacher konnten schon viele Projekte verwirklicht werden: Anfänglich vor allem Dammbau und der Bau von stabilen Häusern mit selbstgebrannten Backsteinen. Außerdem wurden Familien mit Wasserfiltern ausgestattet, die vor Ort hergestellt wurden und die die Familien selbst bedienen und erneuern können. Sand, Kies und Holzkohle filtern das Wasser.
Danach seien Tierprogramme mit Enten, Ziegen und Kühen dazugekommen. Das Wichtigste aber sei das Ausbildungsprogramm mit Patenschaften, erzählen Gertrud und Hubert Nagel. Die Lauterbacher haben aktuell etwa 50 Patenkinder in Tiruvalla und Umgebung, die sie unterstützen. Mehr als 50 ehemalige Patenkinder haben ihre Ausbildung bereits abgeschlossen. „Da kommt das Geld auch wirklich an“, betont Hubert Nagel. „Das Geld geht nicht an die Familien, sondern direkt an die Schulen und Ausbildungsstätten, sodass die Ausbildung gesichert ist, auch wenn die Familie in eine Notsituation gerät.“
Davon überzeugen sich die Patinnen und Paten aus Lauterbach immer wieder persönlich. „Die erste Reise nach Indien war 1998“, erinnert sich Nagel. Sieben Lauterbacher (Hubert Nagel, Jochen Schwendemann, Roland Maurer, Eugen Buchholz, Klaus Rapp, Franz-Josef Meyer und Armin Kaupp) reisten ins Abenteuer und wurden sehr gastfreundlich aufgenommen. Seit damals machten sich fünf Mal Delegationen der Kolpingfamilie nach Indien auf.

Foto: sra
Doch jetzt ist nichts mehr, wie es einmal war. Der Monsunregen, der im Juni, Juli und August zwischen der Küste und den Bergen in Kerala fällt, wird normalerweise vom Boden aufgenommen, von Dämmen in Schach gehalten und in den Bergen gestaut. In diesem Jahr jedoch kam ein Vielfaches an Regen herunter. Die Schleusen aller Staudämme mussten geöffnet werden, um Dammbrüche zu vermeiden. So kamen zusätzlich zum vielen Regen noch die Fluten aus den Bergen dazu, die das Land überschwemmten. Es gab bisher 87 Erdrutsche. Die letzte Flut dieses Ausmaßes war im Jahr 1924. Bisher spricht man von etwa 350 Toten.
Spendenaktion gestartet
„Wir wollen helfen“, erklärt Hubert Nagel. Man habe direkten Kontakt zu den Menschen vor Ort. In Pandankary-Thalavady, wo viele der Patenkinder der Lauterbacher leben, ist bisher zum Glück noch niemand in den Fluten umgekommen. Allerdings ist das Dorf von den Wassermassen eingeschlossen. Ein Teil der Häuser inklusive der Kirche steht unter Wasser, die Bevölkerung wurde vom trockenen Teil des Dorfes aufgenommen und kampiert auf einem großen Platz. Die Menschen werden über eine Hubschrauber-Luftbrücke mit Lebensmitteln, Kleidung und Medikamenten versorgt.
Auch Lauterbachs „Sommer-Pfarrer“ David Vadakkummuriyil kommt aus einem Dorf nur vier Kilometer von Pandankary-Thalavady entfernt. Seine Mutter ist ebenfalls Flutopfer. „Es geht nicht nur um Soforthilfe, sondern natürlich auch um den Wiederaufbau“, erklärt Nagel. „Wir werden wahrscheinlich von vorne anfangen müssen: Mit dem Bau von stabilen Häusern und dem Verteilen von Wasserfiltern. Zum Glück kann unseren Patenkindern die Bildung, die sie schon erhalten haben, niemand nehmen“.
Info:
Wer spenden möchte, kann das hier tun: Kolpingsfamilie Lauterbach, IBAN DE95 6439 0130 0600 1520 14, Verwendungszweck Flutopfer Diözese Tiruvalla.
Wer eine Patenschaft übernehmen möchte, kann bei Hubert Nagel unter Telefon 07422-4316 melden. Dazu muss man nicht Mitglied der Kolpingsfamilie sein. sra