SCHRAMBERG (pm) – Obwohl die Geschichte der evangelischen Stadtkirche in Schramberg mit gerade einmal 143 Jahren eine vergleichsweise kurze Geschichte ist, stellt sich die Geschichte der Glocken so spannend dar wie ein Krimi. In einem Vortrag am 3. Dezember wird Pfarrer Dr. Michael Jonas, laut Pressemitteilung über die alten Glocken und ihre Geschichte berichten.
Als für den kleinen Turm der ersten Stadtkirche 1873 das kleine Gussstahl-Geläute angeschafft wurde, hätte wohl niemand gedacht, dass in weniger als hundert Jahren noch dreimal neue Glocken erworben würden. Der Erweiterungsbau 1897 brachte einen neuen größeren Turm und damit die Möglichkeit eines tontiefen Dreier-Geläutes, das von der Gießerei Kiesel in Heilbronn gegossen wurde. 1917 mussten die beiden größeren Glocken für die Rüstung im 1. Weltkrieg abgegeben werden. Nur die kleine Glocke blieb übrig. 1921 konnten die beiden verlorenen Glocken durch tongleiche ersetzt werden. Diese Glocken kamen von der Firma Bachert in Kochendorf.
Auch der 2. Weltkrieg verlangte sein Tribut und die beiden großen Glocken mussten 1942 wieder abgeliefert werden. Ganze zehn Jahre hatte die Stadtkirche nur eine Läuteglocke. Im Advent 1952 konnte ein vollkommen neues dreistimmiges Geläut von der Gießerei Kurtz aus Stuttgart geweiht werden. Die noch vorhandene kleine Glocke von 1897 wurde dafür in Zahlung gegeben und eingeschmolzen. Das ist aus heutiger Sicht ein großer historischer Verlust. Damals hatte man sich aber aus musikalischen Gründen für andere Töne entschieden. Das bis jetzt bestehende Geläut bildet mit den Tönen d, f, und g das sogenannte Tedeum-Motiv, das gut auf die Glocken der katholischen Kirchen abgestimmt ist.
Nicht nur die Töne der Glocken lohnen den historischen Rückblick, sondern auch ihre künstlerische Gestaltung, Namen und S Ein historisches Foto (Ablieferung der Glocken 1917 vor der Stadtkirche, ganz links Stadtpfarrer Duisberg)prüche. Diese spiegeln jeweils in bewegender Weise den herrschenden Zeitgeist wider. Auch die Finanzierung der Glocken stellte jedes Mal ein spannendes Unterfangen dar. Die Gemeindeglieder und die großen Unternehmerfamilien Junghans-Landenberger und Moser stellten jeweils das Geld bereit. Dass dabei die Vorstellungen nicht immer einmütig waren, beweisen umfangreiche Briefwechsel, die im Pfarrarchiv erhalten sind. Vor allem Kommerzienrat Erhard Junghans und Dr. Helmut Junghans nahmen persönlich Einfluss auf die Gestaltung der Glocken. Die unterschiedlichen Vorstellungen mussten 1951 sogar in einer eigens einberufenen Gemeindeversammlung geklärt werden.
Pfarrer Jonas wird in seinem Vortrag bislang unveröffentlichte Briefe vorstellen, alte Bilder zeigen und Klangsimulationen der verlorenen Glocken hören lassen. Der Vortrag soll der Auftakt des laufenden Glockenprojekts sein, in dessen Verlauf das bestehende Geläut um vier Glocken erweitert wird. Auch über den Stand dieses Projekts wird Jonas berichten. Der Vortrag findet am 3. Dezember ab 19 Uhr im evangelischen Gemeindehaus statt.