ROTTWEIL – Solange das Münster geschlossen ist dürfen die Zünfte ihre Monatsprozessionen in der evangelischen Predigerkirche abhalten. Am Sonntag hat die erste Prozession im Beisein von Pfarrerin Gabriele Waldbaur und Dekan Martin Stöffelmaier stattgefunden. Sie ist bei den Rottweilern auf große Teilnahme gestoßen, die Andacht war gut besucht.
Die Zünfte erfüllen mit dieser allmonatlichen Prozession auch heute noch ein Gelübde, das die Bürger der Stadt in größter Not im Dreißigjährigen Krieg ausgesprochen und die Zünfte dann in ihre Statuten übernommen haben.
Laut Winfried Hecht gehen die Monatsprozessionen unter Beteiligung der Zünfte auf jeden Fall bis in die späte Reichsstadtzeit zurück. 1743 seien sie bei der feierlichen Prozession zur Hundertjahrfeier des Wunders der Augenwende in der Predigerkirche dabei gewesen.
Weil die barocken Laternen nicht bei Wind und Regen durch die Stadt in die Kapellenkirche getragen werden sollten, erging die Bitte der Münstergemeinde an die evangelische Kirchengemeinde, die Prozession in der benachbarten Predigerkirche abhalten zu dürfen, damit die Tradition der Monatsprozessionen nicht unterbrochen wird.
Und nun sah man am Sonntagabend, mehr als 200 Jahre nach der Säkularisation, die Zünfte mit ihren Laternen erstmals wieder durch diese Kirche ziehen, die einstmals dem Predigerorden der Dominikaner gehörte. Ein historisches Bild und ein starkes Zeichen einer vor Ort funktionierenden Ökumene! Die evangelische Kirchengemeinde hat die Münstergemeinde nicht nur in ihre Kirche eingeladen, sondern für die erste Prozession auch darum gebeten, dass einer ihrer Pfarrer daran teilnehmen kann.
Im Rahmen einer ökumenischen Andacht zogen die 30 Laternenträger der Zünfte, die Ministranten sowie Dekan Stöffelmaier und Pfarrerin Waldbaur, die abwechselnd den Kreuzpartikel trugen, in einer kurzen Bittprozession durch die Predigerkirche.
Die 15 kostbaren barocken Laternenpaare wurden danach ins Dominikanermuseum gebracht, wo sie während der Zeit der Innenrenovierung des Münsters ausgestellt werden.