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„Da stimmt was nicht“, Veröffentlicht: Samstag, 7. Juli 2018, 6.51 Uhr

Da stimmt was nicht

Der AfD-Landtagsabgeordnete Emil Sänze aus Sulz wirft gerne anderen vor, sie würden ein „Lügengespinst“ flechten, betrieben eine „verheerenden Informationspolitik“ oder es gehe ihnen nur „um die Pfründe der politischen Klasse“. Und auf seiner Facebookseite fordert er: „TRANSPARENZ AUF ALLEN EBENEN!“

Prüfen wir seine Angaben im „Handbuch des Landtags“ von Baden-Württemberg doch einmal. Laut Selbstauskunft ist Sänze: „Geschäftsführender Gesellschafter und Geschäftsführer in zwei Unternehmen“. Und weiter unten schreibt er etwas detaillierter, worum es geht: „Geschäftsführender Gesellschafter der FleetFabrik Europe (Strategie-Unternehmensberatung) und Geschäftsführer und Beirat der CarVita Holding (Digitale Service-Gesellschaft/Business-IntelligenceProzesse).“

Laut eigenen Angaben hat Sänze eine Ausbildung zum Industriekaufmann absolviert und anschließend  Betriebswirtschaftslehre in Konstanz studiert. Später war er „Leiter Vertrieb und Prokurist im Deutsche-Bank-Konzern. Leiter Vertrieb (Südwest) bei der Deutschen Sparkassen Leasing, Leiter Vertrieb und Marketing mit Prokura im Fachbereich Flottenleasing der BMW AG und Geschäftsführer Markt der BMW AG.

Sänzes Eintrag im Handbuch des Landtags von Baden-Württemberg.

Ein Geschäftsführer-Intermezzo von August 2008 bis September 2009 bei der Alphabet Fuhrparkmanagement in München erwähnt Sänze nicht. Im Mai 2010 erlosch seine Prokura dort. Im Januar 2011 schied er bei der BMW-Tochter aus, er habe „einen großen Beitrag“ zur guten Marktposition von Alphabet geleistet, sagte damals sein Nachfolger. Bis 2014 war Sänze dann bei der BMW-Bank. Über sein Ausscheiden dort findet sich kein Hinweis.

2015 jedenfalls wird Sänze wieder aktiv und gründet im September mit einem anderen ehemaligen BMW-Mann die „FleetFabrik Europe”. Gesellschaft mit beschränkter Haftung.“ Der Firmensitz ist zugleich Sänzes Privatanschrift: Obere Gärten 3, 72172 Sulz am Neckar. Die Firma will unter anderem Beratungsleistungen im Bereich Autohandel und Banken anbieten. Wenn man sich in der Flottenleasing-Branche umhört, ist der Name Sänze durchaus bekannt. Sein Ausscheiden bei der BMW-Tochter, sagt einer, der Sänze gut kennt, habe vielleicht damit zu tun gehabt, dass „seine charmante Art“ beim ein oder anderen bei BMW „nicht so gut ankam“. Aber seine Verdienste dort seien unbestritten.

Voll und ganz fürs Mandat

Betrachtet man die beiden aktuellen Angaben zu seiner beruflichen Tätigkeit, kommt man dann doch ins Staunen.  Davon dass Sänze „Geschäftsführender Gesellschafter der FleetFabrik europe GmbH (Strategie-Unternehmensberatung)  und Geschäftsführer und Beirat der CarVita Holding GmbH (Digitale Service-Gesellschaft/Business-IntelligenceProzesse)“ ist, wie er bis jetzt  im Handbuch des Landtags erklärt, kann keine Rede sein. Auf Nachfrage der NRWZ zu seiner Geschäftsführertätigkeit sagt Sänze: „Meine operative Tätigkeiten, als geschäftsführender Gesellschafter habe ich allesamt niedergelegt, um mich voll und ganz meinem Mandat zu widmen.“

aus einer Mail Sänzes an die NRWZ vom 2. Juli 2018

Das ist im Fall der „Fleet-Fabrik“ eine eher freizügige Interpretation der Wahrheit und bei „CarVita“ – ja was denn? Eine glatte Lüge?

Handelsregisterauszug zur FleetFabrik

Die „FleetFabrik“ befand sich in Liquidation. Sänze war daher zuletzt nicht deren Geschäftsführer sondern Liquidator. Und seit dem 8. Januar 2018 ist die Gesellschaft aufgelöst.  Da war nicht mehr viel an operativer Tätigkeit, die der Abgeordnete Sänze noch niederlegen konnte. Es lag wohl auch nicht an seinem Mandat, dass Sänze den Spaß an seiner FleetFabrik verloren hat, sondern, so sagt ein Kenner der Szene: „Die verschwand irgendwann einfach. Die hat wohl nicht so reüssiert, wie Sänze sich das vorgestellt hatte.“

„Wir haben keinen Beirat“

Völlig aus der Luft gegriffen erscheint die Geschichte zur CarVita: Da will Sänze Geschäftsführer und  Beirat sein – oder gewesen sein, er habe ja seine „operativen Tätigkeiten … niedergelegt“. Im Handelsregister findet sich allerdings nur der Name Jürgen Henschel, kein Emil Sänze.

Fragt man nach Sänzes Tätigkeit bei der CarVita Holding, erntet man „Verwunderung“. Petra Henschel, Assistentin der Geschäftsleitung, schreibt: „Herr  Sänze war zu keinem Zeitpunkt Geschäftsführer beziehungsweise Beirat der CarVita Holding.“  Er habe sich zwar mit seiner FleetFabrik bemüht, in eine Geschäftsbeziehung mit ihrem Unternehmen einzutreten. Er hätte dann auch Geschäftsführer werden können. „Dies ist aber nie zustande gekommen“, schreibt Petra Henschel. Ein wesentlicher Grund sei gewesen, „dass Herr Sänze uns über seine politischen Aktivitäten nicht informiert hatte“. 

Aber was ist mit dem Beirat? Stimmt das denn wenigstens? Auf Rückfrage erklärt CarVita-Geschäftsführer Jürgen Henschel: „Wir hatten und haben gar keinen Beirat.“

CarVita-Impressum im Internet. auch im Handelsregister findet sich keine Spur von Emil Sänze.

Geschäftlicher Erfolg scheint anders auszusehen. Aber das ist jetzt Geschichte. Als Landtagsabgeordneter erhält Emil Sänze seit dem 1. Juli 7963 Euro plus eine Kostenpauschale von 2208 Euro – pro Monat. Ob er für seine Tätigkeit als stellvertretender Fraktionsvorsitzender von seiner Fraktion weitere Euros erhält, fragte die NRWZ den Sprecher der AfD-Fraktion. Bisher keine Antwort. So viel zum Thema Transparenz. 

 

 

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