Oberndorf. Im Dezember begann im Amtsgericht Oberndorf ein neues Zeitalter. Seither gilt in einigen Bereichen die elektronische Akte. Eine „große Neuerung“ für alle Beteiligten sei das, versichert die Richterin am Amtsgericht Barbara Beier, „wir gehen eben mit der Zeit“.
Die E-Akte werde dafür sorgen, dass „jegliches Papier verschwindet“, so Beier. Alles werde elektronisch verfasst. Entweder würde man die erforderlichen Unterlagen einscannen oder Dateien weiterleiten. Die Richterinnen und Richter arbeiteten wie ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter künftig mit zwei Bildschirmen.
Die gute alte Schreibmaschine habe man bei der Justiz schon lange „ad acta“ gelegt. „Die verschiedenen Fachprogramme laufen schon seit 2010“, weiß die ständige Vertreterin des Direktors Beier.
Nur noch am PC
Die Umstellung gehe Schritt für Schritt von statten. In Oberndorf werden zunächst alle Zivilsachen, die Verfahren beim Familiengericht und Nachlassgericht, zu Betreuungen und zu Bußgeldern auf die E-Akte umgestellt. In diesen Fällen habe man bisher eine Papierakte geführt. Nun bearbeite man neue Fälle nur noch am Computer, so Beier.
Vieles laufe so einfacher. Wenn sie als Richterin früher eine Terminsverfügung für ein Verfahren herausgegeben habe, sei diese zur Geschäftsstelle gewandert und von dort an die Beteiligten verschickt worden. „Heute wird das in die E-Akte exportiert.“ Dann würden alle Betroffenen direkt unterrichtet.
Damit Unterschriften auch elektronisch gültig seien, hätten die Mitarbeiter im Gericht Signaturkarten über die Bundesnotarkammer bekommen. “Die sieht aus wie eine Bankkarte“, so Beier. Mit Pin und Lesegerät sei sichergestellt, dass nur derjenige, der zur Unterschrift berechtigt sei, diese auch elektronisch leisten könne.
„Normale“ Kundschaft nicht betroffen
Für die „normalen“ Bürgerinnen und Bürger ändert sich durch die E-Akte wenig. Sie bekommen weiterhin die Post von der Geschäftsstelle. Anders Behörden und Rechtsanwaltskanzleien. An diese schickt das Gericht die Unterlagen auf elektronischem Weg. Aber nicht per E-Mail, wie Richterin Beier versichert.
Anwälte besitzen schon seit langem besonders gesicherte elektronische Postfächer. Anders als bisher seien die Anwälte nun aber verpflichtet, diese auch zu nutzen. „Das spart viel Porto“, so Beier. Und es geht bedeutend schneller.
Justizobersekretärin Theresa Voise ist sicher, es werde “schon noch eine Weile dauern, bis alle Papierakten verschwunden sind“. Denn es gelte das Stichtagsprinzip. Alle Zivilsachen, die ab diesem Tag eingehen, werden als E-Akte geführt, laufende Verfahren weiter in Papierform bearbeitet.
Betreuungsabteilung besonders gefordert
Eine Ausnahme gibt es: Die Betreuungsabteilung führe Hybridakten. Da werde man alles zur E-Akte überführen. „Eine große Herausforderung“ für die Abteilung sei das, bekennt Beier. Dank großer Behinderteneinrichtungen im Amtsgerichtsbezirk in Heiligenbronn, Waldmössingen und Fluorn-Winzeln gebe es einen hohen Bestand an Betreuungsakten. „Diese Akten alle umzuwandeln, bedeutet einen enormen Aufwand.“
Justizobersekretärin Voise berichtet von den umfangreichen Vorbereitungen, die sie mit ihrem Team von der Geschäftsstelle der Verwaltung vor der Einführung der E-Akte treffen musste. Mehrere Schulungstage auch in Stuttgart hatten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu absolvieren. Sie übten mit Testakten und lernten Dokumente richtig einzuscannen. Eine neue Organisationsstruktur war nötig.

Hilfe von außen
Es sei für alle eine Herausforderung, wenn etwas ganz Neues komme, so Beier. Aber zum Glück gebe es eine Taskforce, das luK. „Da können wir Hilferufe starten, und fragen, wie geht das bei diesem Problem?“ Spezialisten würden einen dann Schritt für Schritt bei der Lösung des Problems helfen.
Einen weiteren Vorteil habe die E-Akte: Die Datenspeicherung sei ausgelagert. „Die Hardware steht irgendwo“, so Beier. „Darum müssen wir uns nicht mehr kümmern.“ Früher habe man abends in den Keller hinabsteigen und sich um Sicherungsdisketten kümmern müssen. Die Zentrale sorge nun dafür, dass die Daten auch noch in Jahrzehnten greifbar sind: „Bei Erbschaften oder Ehescheidungen ist das ja wichtig.“
Bei der Umstellung sei es auch um ganz praktische Dinge gegangen, erzählt Voise: „Wir haben höhenverstellbare Tische angeschafft.“ Die Kolleginnen und Kollegen sollen auch im Stehen arbeiten können, sich bewegen und nicht nur vor dem Bildschirm sitzen. Denn durch die Elektronische Akte fallen früher notwendige Bewegungen weg: „Man steht nicht mehr auf, um zum Schrank zu gehen und einen Ordner zu holen.“