Die Staatsanwaltschaft Rottweil hatte trotz Corona im Jahr 2020 mehr zu tun als in den Jahren zuvor. Dies ergibt sich aus dem Jahresbericht, den die Behörde nun schriftlich erstattet hat. Dennoch haben die Staatsanwältinnen und –anwälte den Berg an Verfahren ein Stückweit abgebaut – vor allem die Altverfahren, die seit über einem Jahr bearbeitet werden. Deutlich zurück gingen die Eigentumsdelikte wie Diebstahl und Unterschlagung, was die Behörde auf die Ladenschließungen zurückführt. Andererseits wurden in der Zeit der Corona-Isolation deutlich mehr Verfahren wegen Verbreitung pornografischer Schriften eingeleitet.
Statistische Zahlen: Ermittlungsabteilung
Nach 23.267 Ermittlungsverfahren in dem Jahr 2018 fielen bei der Staatsanwaltschaft Rottweil im Jahr 2019 insgesamt 22.809 Ermittlungsverfahren an. Im Jahr 2020 war wieder ein Anstieg auf 23.753 zu verzeichnen. Diese können wie folgt aufgeschlüsselt werden. Für das Jahr 2019: 13.408 Verfahren gegen bekannte Täter (Js-Verfahren) mit insgesamt 15.202 Beschuldigten, 8250 UJs-Verfahren gegen unbekannte Täter sowie 1151 Ordnungswidrigkeitenverfahren (OWi), davon 1067 Verkehrsverstöße. Für das Jahr 2020: 14.038 Js-Verfahren mit insgesamt 16.401 Beschuldigten, 8372 UJs-Verfahren gegen unbekannte Täter sowie 1343 OWi, davon 1140 aus dem Verkehrsbereich.
Bei den für die Arbeitsbelastung besonders aussagekräftigen Js-Verfahren ist im Vergleich zu dem Jahr 2018 (13.495 Verfahren) ein nicht unerheblicher Anstieg zu verzeichnen. Nach einem geringfügigen Rückgang um 87 (0,6 %) im Jahr 2019 stiegen diese im Jahr 2020 um 630 Verfahren (4,7 %) an. Auch bei den Verfahren gegen unbekannte Täter ist im Vergleich zum Jahr 2018 ein Anstieg um insgesamt 4,6 Prozent (365 Verfahren) festzustellen. Demgegenüber wurde bei den OWi, bei denen in den Vorjahren erhebliche Steigerungen zu verzeichnen waren, ein Rückgang festgestellt, und zwar im Jahr 2019 um knapp 35 Prozent, wohingegen die Zahlen im Jahr 2020 wieder um 16,7 Prozent angestiegen sind.
Mehr Arbeit trotz Corona
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass es trotz Corona bei der Staatsanwaltschaft Rottweil mehr Arbeit zu bewältigen gab. Trotz des Verfahrensanstieges und der besonderen Umstände, die die Arbeit unter der Pandemiebedingung mit sich gebracht haben, wie vermehrtes Homeoffice zur Kontaktbeschränkung, ist es der Staatsanwaltschaft Rottweil gelungen, den Verfahrensbestand von 2251 Verfahren im Jahr 2019 um 256 Verfahren auf 1995 im Jahr 2020 zu senken. Auch der Bestand an sogenannten Altverfahren, also Verfahren, die bereits über ein Jahr Bearbeitungsdauer aufwiesen, wurde um 65,6 Prozent verringert. Anfang 2020 wies die Statistik noch 154 solcher Altverfahren auf. Ende 2020 waren es dagegen nur noch 53 Verfahren, die länger als ein Jahr anhängig waren. Auch die durchschnittliche Verfahrensbearbeitungsdauer wurde signifikant von 62 Tagen im vorletzten Jahr auf 51 im Jahr 2020 gesenkt. Hierbei kam den Staatsanwältinnen und Staatsanwälten zugute, dass im Frühjahr 2020 weniger Sitzungen bei den Gerichten stattfanden und somit die Zeit zur Bearbeitung auch umfangreicher Akten genutzt wurde.
Bei den Delikten wegen Körperverletzung waren keine größeren Veränderungen festzustellen. Sie betrugen 1216 Verfahren im Jahr 2019 und 1204 Verfahren im Jahr 2020. Bei den Eigentumsdelikten wie Diebstahl und Unterschlagung gab es eine Abnahme von 225 Verfahren, nämlich von 1412 im Jahr 2019 auf 1287 im Jahr 2020. Dies dürfte auch auf die geschlossenen Ladengeschäfte zurückzuführen sein. Dagegen musste ein signifikanter Zuwachs bei Verfahren wegen Verbreitung pornographischer Schriften festgestellt werden. Waren es im 2019 insgesamt 95, so stiegen die Zahlen nunmehr um 116 Prozent an, so dass die Staatsanwaltschaft es letztes Jahr bereits mit 205 derartigen Verfahren zu tun hatte. Auch bei den allgemeinen Straftaten, die mit Freiheitsstrafen nicht unter einem Jahr bedroht sind (Verbrechen), gab es eine Verfahrenszunahme von 98 Verfahren im Jahr 2019 auf 279 Verfahren im vergangenen Jahr.
Die Verfahrenszahlen bei Kapitaldelikten (wie Mord und Totschlag) blieben nahezu unverändert mit 19 im Jahr 2019 und 18 im Jahr 2020.
Weniger Anklagen zum Landgericht
Die Js-Verfahren wurden im Wesentlichen wie folgt abgeschlossen: 1014 Anklagen im Jahr 2019, im Jahr 2020 erfolgten 1114 Anklagen (2018: 1102). Anklagen zum Landgericht (Schwurgerichtskammer, Große Strafkammer und Jugendkammer) wurden im Jahr 2019 gegen 36 Personen erhoben, im Jahr 2020 gegen 22 Personen. Nach einem leichten Anstieg im Jahr 2019 im Vergleich zum Jahr 2018 (34 Anklagen zum Landgericht) war somit im Jahr 2020 ein erheblicher Rückgang zu verzeichnen. Im Gegensatz zum Jahr 2018, in dem keine Anträge zum Landgericht Rottweil in Sicherungsverfahren (das sind Verfahren gegen Beschuldigte, die aufgrund einer psychischen Erkrankung schuldunfähig und für die Allgemeinheit gefährlich sind) erfolgten, wurden jedoch im Jahr 2019 sechs und 2020 sieben entsprechende Anträge gestellt.
Bei den Anklagen zu den Schöffengerichten der sechs Amtsgerichte war im Jahr 2019 ein Rückgang auf 119 Anklagen (146 Anklagen im Vorjahr) zu verzeichnen. Im Jahr 2020 erfolgten dann wieder 145 Anklagen zu den Schöffengerichten. Die Anklagen zu dem für den gesamten Bezirk zuständigen Jugendschöffengericht des Amtsgerichts Rottweil sind ebenfalls rückläufig. Nach 146 im Jahr 2018 wurden im Jahr 2019 138 und im Jahr 2020 106 erhoben.
Über 2400 Strafbefehle
Darüber hinaus wurden die Verfahren wie folgt abgeschlossen: Im Jahr 2019 erfolgten insgesamt 2414 (2018: 2594) Anträge auf Erlass eines Strafbefehls, davon in 26 Fällen mit der Beantragung von Freiheitsstrafen. Im Jahr 2020 wurden 2464 Anträge auf Erlass eines Strafbefehls gestellt, wobei in 33 Anträgen eine Freiheitsstrafe beantragt worden ist. Einstellungen nach § 170 Abs. 2 StPO, also wenn die Anhaltspunkte und Beweise für eine Anklage nicht ausreichen, erfolgten im Jahr 2019 in 4583 Fällen (2018: 4627), im Jahr 2020 wurden 5180 Verfahren gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt.
Die Anzahl der Einstellungen mit Auflage (überwiegend Geldauflagen) nach §153a StPO ging im Jahr 2019 von 469 im Vorjahr auf 419 Verfahren zurück, stieg im Jahr 2020 jedoch wieder auf 462 an.
Die Einstellungen nach §153 Abs. 1 StPO (wegen geringer Schuld), bei denen im Jahr 2018 ein Rückgang von über 20 Prozent zu verzeichnen war, stiegen im Jahr 2019 von zuletzt 751 auf 781 und im Jahr 2020 auf nun 839 Verfahren an.
Verweisungen auf den Privatklageweg nach § 376 StPO (wenn also die Staatsanwaltschaft kein öffentliches Interesse an einer Strafverfolgung sieht, wie bei einfachen Beleidigungen) erfolgten im Jahr 2019 in 779, im Jahr 2020 in 849 Fällen, womit ebenfalls insgesamt ein Anstieg zum Jahr 2018 (809 Fälle) zu verzeichnen ist.
In 1177 Verfahren erfolgte im Jahr 2019 nach Verfahrenseinstellung eine Abgabe an die Verwaltungsbehörde als Ordnungswidrigkeit, im Jahr 2020 wurden 1311 Verfahren entsprechend abgegeben.
Strafvollstreckungsabteilung
Nach einem erheblichen Anstieg der neueingeleiteten Vollstreckungsmaßnahmen in den Jahren 2017 und 2018 (4308 Verfahren im Jahr 2018) gingen diese in den Jahren 2019 und 2020 deutlich zurück. Im Jahr 2019 wurden 3878 Verfahren, im Jahr 2020 3805 Verfahren neu eingeleitet.
Bei der Verhängung von Freiheitsstrafen war dagegen im Jahr 2019 ein Anstieg von 250 im Vorjahr auf nun 270 Verfahren festzustellen, wobei in 52 Fällen die Verhängung einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung erfolgt ist. Im Jahr 2020 gingen die verhängten Freiheitsstrafen auf insgesamt 236 Verfahren zurück. Bemerkenswert ist hier, dass die Anzahl der Freiheitsstrafen ohne Bewährung jedoch auf nunmehr 69 Verfahren anstieg. Die Anzahl der Verfahren, in denen Geldstrafen verhängt wurden, hat sich nur leicht verändert. Im Jahr 2019 wurden in 2281 Verfahren Geldstrafen verhängt, im Jahr 2020 war dies in 2317 Verfahren der Fall.
Aufbau und Zuständigkeitsbereich der Staatsanwaltschaft Rottweil
Der Zuständigkeitsbereich der Staatsanwaltschaft Rottweil – eine von acht Staatsanwaltschaften im Zuständigkeitsbereich der Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart – umfasst den Bezirk des Landgerichts Rottweil, also die Landkreise Rottweil, Tuttlingen und Freudenstadt. In den drei Landkreisen sind jeweils zwei Amtsgerichte angesiedelt, nämlich in Rottweil, Oberndorf, Tuttlingen, Spaichingen, Freudenstadt und Horb. Die Staatsanwaltschaft Rottweil besteht derzeit aus fünf Abteilungen, drei Ermittlungsabteilungen, der Vollstreckungsabteilung sowie der Verwaltungsabteilung. Zum 1. Juni 2019 hatte das Ministerium der Justiz und für Europa der Staatsanwaltschaft Rottweil eine dritte Oberstaatsanwaltsstelle bewilligt, woraufhin eine dritte Ermittlungsabteilung eingerichtet werden konnte. Neben auch weiterhin bestehenden Sonderzuständigkeiten ist seither jede Ermittlungsabteilung für einen der drei Landkreise zuständig. Der Personalbestand der gesamten Behörde umfasst 54 Personen, davon 19 Staatsanwältinnen und Staatsanwälte. Seit dem 7. Januar 2020 ist Sabine Mayländer als Leitende Oberstaatsanwältin Behördenleiterin der Staatsanwaltschaft Rottweil. Gleichzeitig ist sie Leiterin der für den Landkreis Rottweil zuständigen Ermittlungsabteilung I.
Stellvertreter wechselt nach Stuttgart
Seit Juli 2016 ist Oberstaatsanwalt Dr. Christoph Kalkschmid ständiger Vertreter der Behördenleiterin. Von ihm wird darüber hinaus die für den Landkreis Freudenstadt zuständige Ermittlungsabteilung II geleitet. Kalkschmid verlässt nun nach bald fünfjähriger Tätigkeit bei der Staatsanwaltschaft Rottweil die Behörde. Er wechselt zur Staatsanwaltschaft Stuttgart, bei der er zukünftig als Hauptabteilungsleiter tätig sein wird. Dort obliegt ihm die Aufsicht über vier Abteilungen. Über die Nachfolge ist noch nicht entschieden, da das Ausschreibungsverfahren noch andauert und die Stelle so lange unbesetzt bleibt.
Leiter der Ermittlungsabteilung III (Landkreis Tuttlingen) ist Oberstaatsanwalt Michael Gross. Die Vollstreckungsabteilung wird von Erster Staatsanwältin Pia Wilmsmann geleitet. Verwaltungsleiter der Behörde ist Oberamtsrat Günther Berger.
„Engagiert und kompetent“
Am 26. und 27. Oktober fand die alle drei Jahre durchzuführende Nachschau der Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart bei der Staatsanwaltschaft Rottweil statt. Aufgrund der Corona-Pandemie war es nicht möglich, diese im Jahr 2020 in den Räumen der Staatsanwaltschaft Rottweil durchzuführen. Die Nachschau fand daher weitgehend online statt, ergänzt durch Aktenprüfungen der Generalstaatsanwaltschaft nach entsprechender Aktenübersendung. Der zwischenzeitlich vorliegende Bericht des Generalstaatsanwalts kommt zu einer positiven Bewertung der Staatsanwaltschaft Rottweil. In der Zusammenfassung wird dargelegt, dass sich die Staatsanwaltschaft Rottweil nach wie vor in bester Ordnung befindet. Es wird festgestellt, dass die Aufgaben engagiert und kompetent wahrgenommen werden und die Staatsanwaltschaft Rottweil mit guten Arbeitsergebnissen aufwarten kann. Die hohe Leistungsbereitschaft sämtlicher Mitarbeiter und die Bereitschaft gegenseitiger Unterstützung wird ausdrücklich hervorgehoben.