Kreis Rottweil – Die Erfahrungen aus der Corona-Pandemie veranlassen die Corona-Projektgruppe des Kreisseniorenrats Rottweil, zwei Ziele beziehungsweise Aufgaben für die Zukunft ins Visier zu nehmen.
Zum einen hat aus ihrer Sicht unter anderem die vor allem für Senioren verfehlte und unzumutbare Praxis der Impfterminvergabe deutlich gemacht, dass die Seniorenvertretungen wie Kreis- und Landesseniorenräte darauf drängen müssen, künftig viel stärker in derartige, Senioren unmittelbar betreffende politischen Entscheidungsprozesse mit einbezogen zu werden.
Zum anderen visiert die Projektgruppe gegen Ende August eine Präsenzveranstaltung des gesamten Kreisseniorenrats mit Bundestagskandidaten des Wahlkreises Rottweil/Tuttlingen an, vorbehaltlich die Entwicklung der Pandemie lässt dies zu jenem Zeitpunkt zu. „Dafür wollen wir einen Katalog mit Fragen speziell zur Seniorenpolitik zusammenstellen“, sind sich die Mitglieder der Projektgruppe, Matthias Kohlhase, Vorsitzender des Kreisseniorenrats, Dieter Gaus, Vorsitzender der Projektgruppe, und Peter Wolf, Vorstandsmitglied, einig. Wie Gaus bei der ersten Präsenz-Sitzung der Gruppe seit vielen Monaten ausführte, werde nun das Zuhörtelefon eingestellt, da die Nachfrage deutlich nachgelassen habe.
„Der Bedarf ist jetzt nicht mehr vorhanden.“ Das Projekt „Kultur online“ nimmt nach einer ersten erfolgreichen Schulung einiger Mitglieder des Kreisseniorenrats in der Videokonferenz-Software „Zoom“ an Fahrt auf. In Kooperation mit dem Mehrgenerationenhaus „Kapuziner“ in Rottweil soll das Projekt nach einer Fortgeschrittenen-Schulung in „Zoom“ konkretisiert werden. Hier gilt es noch die Übernahme der relativ geringen Kosten abzuklären. In diesem Zusammenhang präsentierte Gaus auch Kartenspiel-Sets, die speziell Senioren zum Erinnern und
Erzählen anregen, so zum Beispiel die „Sprichwort-Kiste zur Biografiearbeit“ von Marion Jettenberger.
Kohlhase und Wolf hatten sichtlich Spaß daran, sich anhand von Sprichwörtern zum Thema Glück daran zu erinnern, welche Momente ihres Lebens sie mit „Glück“ verbinden. „Während ältere Menschen ihre kognitive Wahrnehmungen oft rasch vergessen, werden die emotionalen Empfindungen und Erfahrungen fast nie vergessen“, erklärte Gaus. Er berichtete von seinen Erfahrungen mit dem Programm„Kultur macht stark“. Mit „Kultur macht stark. Bündnisse für Bildung“ fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) seit 2013 außerschulische kulturelle Bildungsangebote für benachteiligte Kinder und Jugendliche.
„Die Inhalte des Programms sind super, die Administration dazu ist eine Katastrophe, das ist ein bürokratisches Monstrum“, kritisierte der stellvertretenden DRK-Kreisgeschäftsführer scharf. Die Bilanz der Corona-Projektgruppe vor allem in Bezug auf die Impfkampagne, aber
auch auf andere Maßnahmen beispielsweise zum Schutz der Bewohner von Alten-und Pflegeheimen fällt ernüchternd aus. So habe die Politik die Lebensrealität von Senioren gerade im ländlichen Raum bei der Impfterminvergabe überhaupt nicht berücksichtigt.
„Viele der über 80-Jährigen sind nicht in der Lage, einen Impftermin über ein Internetportal zu buchen beziehungsweise drei Stunden und mehr zu versuchen, die entsprechende Telefon-Hotline zu erreichen“. Generell zeuge die Praxis der Impfterminvergabe nicht von Bürgernähe. Enttäuscht zeigten sich die drei Kreisseniorenräte darüber, dass die Seniorenorganisationen nicht angehört worden seien, als es darum gegangen sei, die Impfkampagne zu planen.
Erst später seien sie auf öffentlichen Druck teilweise zu Beratungen hinzugezogen worden. „Da werden Seniorenorganisationen gefordert sein, auf eine entsprechende gesetzliche Verankerung von Anhörungs- und Mitwirkungsrechten von Seniorenorganisationen in Fragen, welche
ihre Klientel direkt betreffen, bei den politischen Gremien hinzuarbeiten. Als Kreisseniorenrat sollten wir ein entsprechendes Anhörungsrecht auf Kreisebene einfordern. Wir werden auch die Bundestagskandidaten der Parteien hier im Wahlkreis Rottweil/Tuttlingen fragen, wie sie zu diesem Anliegen stehen“, bekräftigten Kohlhase, Gaus und Wolf in ihrem abschließenden Resümee.