KREIS ROTTWEIL – Positiv aufgenommen haben die Mitglieder von Vorstand und beratendem Ausschuss des Kreisseniorenrats Rottweil den von der Corona-Projektgruppe ausgearbeitete Vorschlag, im Kreis Rottweil „Corona care – Das erste Hilfstelefon“ zu installieren. Einig waren sich alle, dass ein solches Angebot so niederschwellig wie nur möglich gestaltet werden muss. Genauso waren sich Vorstand und Ausschuss darin einig, dass eine totale Isolierung der Menschen in den Alten- und Pflegeheimen wie im vergangenen Frühjahr nicht mehr passieren dürfe. Es sei die Aufgabe des Kreisseniorenrats, diesbezüglich eine klare und bestimmte Position zu beziehen.
Der Vorsitzende des Kreisseniorenrats, Matthias Kohlhase, zeigte auf, dass der Vorstand sich intensiv mit der Coronakrise auseinandergesetzt habe. „Wir vertreten die Interessen der Menschen, die allgemein als Risikogruppe bezeichnet werden.“ Daher hätten die Vorstandsmitglieder beschlossen, eine Corona-Projektgruppe ins Leben zu rufen. Diese Arbeitsgruppe, der neben Kohlhase bislang noch die Vorstandsmitglieder Dieter Gaus und Peter Wolf angehören, hat sich mittlerweile konstituiert. Gaus wurde zum Leiter der Gruppe gewählt. Kohlhase unterstrich, dass gerne noch weitere Kreisseniorenratsmitglieder in der Projektgruppe mitarbeiten könnten.
Es gelte, sich zunächst mit zwei Fragen auseinanderzusetzen: „Was lernen wir aus dem bisherigen Verlauf der Coronakrise für die Seniorenarbeit des Kreisseniorenrats?“ „Welche Impulse können wir für die Bewältigung einer zweiten Welle geben?“ In erster Linie habe die Coronakrise mit den ersten doch sehr tief einschneidenden Kontaktbeschränkungen bei den älteren Menschen Ängste ausgelöst. nicht zuletzt vor einer gravierenden sozialen Isolation. So sei es nun notwendig, im engen Austausch nicht zuletzt mit den „Kümmerern“ beziehungsweise Sozialbeauftragten der Gemeinden und den psychosozialen Beratungsdiensten eine Strategie gegen die Vereinsamung älterer Menschen und deren Folgen wie zunehmenden Depressionen zu entwickeln, betonte Kohlhase und wies darauf hin, dass es zu Beginn der Coronakrise eine ungeheure Flut an Hilfsangeboten gegeben habe, die aber nur sehr zögerlich und in recht geringem Maße nachgefragt worden seien.
Es gehe nun darum, eine Bedarfsanalyse für die Raumschaft zu erstellen. „In der Corona-Projektgruppe haben wir dann auf Vorschlag von Dieter Gaus spontan beschlossen, das Modellprojekt des ersten Hilfstelefons zu initiieren.“ Jetzt sei zu prüfen, welche Finanzierungsmöglichkeiten für dieses Projekt herangezogen werden könnten, erklärte der Vorsitzende. Es sei notwendig, das Hilfstelefon mit einer professionellen, sozialpädagogisch geschulten Kraft zu besetzen.
Dieter Gaus ergänzte, dass dieses Hilfstelefon kein Konkurrenzangebot zu bestehenden Sozialeinrichtungen im Kreis sein solle. Er wies darauf hin, dass sich gleich nach Erscheinen des Artikels über die erste Sitzung der Corona-Gruppe der FDP-Landtagsabgeordnete Daniel Karrais gemeldet und um ein Gespräch hinsichtlich des Projekts gebeten habe.
In der Diskussion befürworteten die Mitglieder grundsätzlich das Projekt. So stimmte Eberhard Sinner, Vorsitzender der Brückenbauer in Deißlingen und als Vertreter der Stadt- und Orts-Seniorenräte im Kreis Nachrücker für den aus gesundheitlichen Gründen ausgeschiedenen Johannes Jäger, zu, dass die Vereinsamung von Senioren das größte Problem in der Seniorenarbeit werde. Es wurden aber auch Bedenken geäußert, inwiefern dass Angebot angenommen werde und sich überhaupt finanzieren lasse. Kohlhase und Gaus gingen dann auch davon aus, dass es Rückschläge und Schwierigkeiten geben könne. „Das ist keine leichte Aufgabe. Wir können damit auch scheitern.“
Ein zweiter Diskussionsschwerpunkt galt den Fragen, welche Schlüsse aus den Erfahrungen des ersten Coronaausbruchs im Frühjahr gezogen werden müssten und wie sich im Falle einer zweiten Pandemie-Welle der Kontakt von Angehörigen zu den Bewohnern von Alten- und Pflegeheimen aufrecht halten lasse. „Es darf nicht mehr passieren, dass die Bewohner von stationären Pflegeeinrichtungen vollkommen isoliert werden. Das gleiche gilt aber auch für die Menschen, die auf ambulante Pflegehilfe angewiesen sind“ bekräftigte unter anderem Dieter Gaus.
Da müsse der Kreisseniorenrat mit Nachdruck Position beziehen. Man habe sehr viel aus den ersten Pandemie-Monaten gelernt. Da sei von der Politik aus viel gut gelaufen, manches aber auch nicht. „Ich bin aber froh, dass wir hier in Deutschland keine Kühlcontainer vor den Friedhöfen gebraucht haben, um die Corona-Toten aufzubewahren.“ Einig waren sich alle Diskussionsteilnehmer, dass kreative Lösungen gefunden werden müssten, um mit den Heimbewohnern, die zur Hochrisikogruppe zu zählen seien, in Kontakt treten zu können, beispielsweise über digitale Medien oder mit Hilfe von speziellen Besuchskabinen.
Kohlhase erinnerte noch an die Mitgliederversammlung am 20. Oktober im großen Sitzungssaal des Landratsamts und an die nächste Vorstandssitzung am 24. November. Da gelte es, weitere Aufgaben und Aktivitäten des Kreisseniorenrats so unter anderem die Überarbeitung des Kreisseniorenplans zu planen und zu strukturieren. Egon Kalbacher zog ein positives Resümee seiner sechsjährigen Tätigkeit im Landesseniorenrat und regte an, die vom Landesseniorenrat empfohlenen Wahlprüfsteine in Bezug auf die Kandidaten für die Bundestagswahl 2021 auch für den Kreisseniorenrat zu übernehmen. Er stellte klar, dass er nicht mehr für eine weitere Amtsperiode im Landesseniorenrat kandidieren werde.