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„Über seine Straßen fahren wir – zum Tode von Hermann Bantle“, Veröffentlicht: Dienstag, 7. April 2020, 17.42 Uhr

Über seine Straßen fahren wir – zum Tode von Hermann Bantle

Wer auf den Straßen im Kreis Rottweil unterwegs ist, wird unweigerlich irgendwann über eine Straße fahren, die von seiner Firma gebaut oder erneuert wurde. Er war ein kreativer und umtriebiger Unternehmer, der im ganzen Landkreis seine Spuren hinterlassen hat, auch wenn man sie nicht gleich als solche erkennt. Ein Nachruf von Peter S. Kaspar.

Hermann Bantle (Bild) ist mit 91 Jahren gestorben, er war ein Konservativer im umfassenden Wortsinn, der alles bewahren wollte, was es Wert war zu bewahren. Die feine Ironie seines Lebens: ausgerechnet ein Abrissauftrag ebnete ihm den Weg für seine Unternehmerkarriere. Eine Karriere, die es ihm ermöglichte, vieles zu erhalten, sei es die Marienkapelle oder die Pfarrscheuer als Heimatmuseum.

Als sechstes von zehn Kindern wurde Hermann Bantle in Bösingen geboren. In den letzten Monaten des Krieges wurde er als 16jähriger noch eingezogen. Mit viel Glück und Gewitztheit entging der der Gefangenschaft und schlug sich ins heimatliche Bösingen durch. Er begann seine Ausbildung zum Mechaniker, machte seinen Meister und war dennoch nicht so recht zufrieden, bis er jene Ausschreibung zur Beseitigung des Westwalls fand.

Die Bunkeranlagen waren während des dritten Reiches gegenüber der französischen Grenze errichtet worden. Im Saarland und in der Pfalz sollten sie beseitig werden. Darin sah Hermann Bantle eine Chance. Mit seiner späteren Frau Hilde und seinem Bruder Hubert gründete er die Firma Gebrüder Bantle, die im Laufe der nächsten Jahrzehnte viele tausend Kilometer Straßen durch den Landkreis Rottweil und darüber hinaus gelegt hat.

Doch nicht nur für die Infrastruktur der Straßenverkehrs spielte Hermann Bantle eine Rolle. Dem begeisterten Flieger war es letztlich zu verdanken, dass Rottweil zu einem Flugplatz kam. Auf seine Initiative wurde der Landeplatz in Rottweil-Zepfenhan gebaut.

Doch auch dem eigenen Heimatdorf drückte er seinen Stempel auf. Die alte Kirche einfach abreißen und durch eine neue ersetzen? Für Hermann Bantle war das völlig undenkbar. Am Ende gelang es ihm einen Teil des Turms zu retten, um den die Marienkapelle am Herrenbühl errichtet wurde. So bekam Bösingen zwar eine neue Kirche, aber die alte lebte irgendwie fort, als geweihte Wallfahrtskirche.                   

Mit einer großen Feier zu seinem 80. Geburtstag würdigte die Gemeinde Bösingen-Herrnzimmern seine Verdienste, in dem sie ihm die Ehrenbürgerwürde verlieh. Jahrelang gehörte er dem Gemeinderat an und war zudem stellvertretender Bürgermeister gewesen.

Den Heimatverein gäbe es ohne ihn ebenso wenig wie das Rote Kreuz in Bösingen. Hermann Bantle blieb rüstig bis fast zu seinen letzten Tagen. Erst vor wenigen Monaten begann seinen Kräfte zu schwinden, schließlich war er auf den Rollstuhl angewiesen.

Am 29. März ist er friedlich eingeschlafen. Wegen der Corona-Krise wurde er nur im allerengsten Familienkreis beigesetzt. Sobald dies abgehalten werden kann, soll ein würdiges Requiem stattfinden.

 

 

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