KREIS ROTTWEIL – Es ist allerhöchste Zeit, den Ausbau der regenerativen Energien voranzutreiben, wenn wir die angestrebten Ziele der Klimaneutralität in dem vorgesehenen Zeitrahmen erreichen wollen. „Es ist fünf vor zwölf“, sagte Bene Müller, Vorstand der solarcomplex AG bei seinem Vortrag im Mehrzweckraum der Tonauhalle in Vöhringen. Es war dies die erste von mehreren weiteren Veranstaltungen, mit denen der CDU-Kreisverband dieses gerade auch für Baden-Württemberg existenzielle Thema aufgreift.
Dass sie damit richtig liegt, zeigte sich für den CDU-Kreisvorsitzenden und Landtagsabgeordneten Stefan Teufel bei seiner Begrüßung angesichts der Tatsache, dass der Veranstaltungsraum schier aus allen Nähten platzte.
Und wer dabei sein konnte, der spürte aus den Worten des Energieexperten, was die Stunde geschlagen hat: das Ausrufen der Alarmstufe zwei soll noch keine Panik auslösen, sagte er, doch was ist, wenn der Staat eventuell im Winter darüber entscheiden muss, wer noch mit Energie versorgt wird und wer nicht? Verteilungskämpfe? Die will niemand! Gerade darum aber darf es keine Denkverbote geben.
Bene Müller setzt in ganz großem Maße auf Wind und Sonne – und vor allem auf einen „gesunden Mix“. In seinem Impulsvortrag, dem eine sehr intensive und teilweise auch kontrovers geführte Diskussion mit den zahlreichen Teilnehmern folgte, machte er unmissverständlich klar: zu lange ist zu wenig geschehen beim Ausbau der erneuerbaren Energien. Weil die Lage nun so ernst ist, wie sie sich darstellt und durch Putins Krieg gegen die Ukraine mit den entsprechenden Auswirkungen so offenbar geworden ist, will er auch die Verlängerung der drei noch laufenden Kernkraftwerke im Land nicht ausschließen.
Stefan Teufel hatte in seinem Statement die Position der CDU-Fraktion im Landtag dahingehend erläutert, dass angesichts der drohenden Notsituation auf bestehende Kapazitäten für einen gewissen Zeitraum nicht verzichtet werden kann. Eine Position, die auch die Bundestagsabgeordnete Maria-Lena Weiss unterstrich. Als Mitglied im Ausschuss für Klimaschutz und Energie ist es ihr wichtig, den aus den Fugen geratenen Dreiklang von Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit und Umweltverträglichkeit wieder in ein Gleichgewicht zu bringen.
Wie sieht es aus mit dem Sparen von Energie? wollte ein Teilnehmer wissen und lenkte den Blick auf einen Bereich, der in jüngster Zeit immer wieder in das Blickfeld gerückt ist. Die Replik von Bene Müller dazu war eher ernüchternd: „Sparen könnten wir schon lange. Doch wir tun es nicht.“ Vielmehr werde sich der Strombedarf bis zum Jahr 2050 gegenüber heute verdoppeln! Ergo: Wir brauchen klimaneutralen Strom. Denn die Zukunft, so seine Prognose, gehöre der E-Mobilität.
Die bestehenden Dilemmata sind unübersehbar. Und darum fordert der Vorstand von solarcomplex alle dazu auf, mitzuwirken an dieser großen Menschheitsaufgabe. Kommunen, Landkreise, die Politik („die Genehmigungsverfahren müssen spürbar kürzer werden“), die Unternehmen, jeden Einzelnen.
Ein Appell in einer mehr als zweistündigen Veranstaltung, die den Ernst der Lage deutlich machte und wohl niemanden kalt ließ. An diesem lauen Sommerabend …
Und wenn dann noch bei der von Andrea Kopp, der Ortsverbandsvorsitzenden von Vöhringen-Wittershausen moderierten sehr sachkundigen Diskussionsrunde die Frage auftauchte, wie wohl der Staat die fehlenden Einnahmen Spritsteuern kompensieren werde, wenn alle mit E-Autos unterwegs seien, wandte ein anderer Teilnehmer ein: „Dem Staat wird dann schon was einfallen.“
Womit ein ernstes Thema, das wirklich jeden betrifft und das die Existenz der gesamten Wirtschaft und jedes Einzelnen tangiert, dann hin und wieder eine eher heitere Note aufwies.
Dass mit Bene Müller aber ein hochkarätiger Experte der CDU-Themenreihe „Energie“ gleich zu Beginn seinen profunden und nachdenkenswerten Stempel aufgedrückt hatte, das war dann für Stefan Teufel der Beweis dafür, „dass wir den Nerv der Menschen getroffen haben.“ Und dass die Bundestagsabgeordnete Maria-Lena Weiss mit ihrer diesjährigen Sommertour zu genau diesem Thema im gesamten Wahlkreis unterwegs sein wird – auch dies zeige, „dass wir als CDU nahe am Puls der Zeit sind.“
Seine Schlussfolgerung aus Vortrag und Debatte: Dort wo es in Zukunft nicht ausreichend erneuerbare Energien gibt, wird kein industrielles Wachstum möglich sein. Und Versorgungssicherheit sowie Bezahlbarkeit der Energie haben Priorität. Dazu gehören der Energiemix aller Energieträger sowie der Netzausbau als notwendige Schritte, um die Krise zu überwinden. Eine weitere Lehre: Die Abhängigkeiten von Russland und auch von China in der Daseinsvorsorge müssen dringend und nachhaltig reduziert werden. Schlussendlich der Landtagsabgeordnete mit einem Hinweis auf das Zehn-Punkte-Programm der CDU auf Landes- und Bundesebene: „Es gilt, jenseits aller ideologischen Schranken und Vorbehalte pragmatisch vorzugehen und – so zügig wie möglich – die richtigen Schritte einzuleiten.“