KREIS ROTTWEIL – Überpünktlich und im Trachtenjanker steht Innenminister Thomas Strobl im Deißlinger Hotel Hirt und wird mit großem Beifall begrüßt. Er habe mit Stau auf der A 81 gerechnet, und den gab es nicht. Sein Parteifreund und Noch-CDU-Fraktionsvorsitzender Volker Kauder ist schon da, er kam nicht direkt aus Berlin, sondern aus Rottweil. Beide demonstrieren beim Kreisparteitag Bürgernähe und betonen das auch. „Wenn die Menschen in der Region einen Abgeordneten sprechen wollen, müssen sie in die CDU-Kreisgeschäftsstelle“, so Kauder. Wo er selbst eben gerade herkommt.
Doch zuvor werden in Deißlingen Regularien abgearbeitet, werden die Delegierten gewählt. Und dann darf Vorsitzender Stefan Teufel die Polit-Prominenz begrüßen, im „schönsten Wahlkreis von ganz Baden-Württemberg“. Teufel dankt Strobl für die Unterstützung in Sachen Polizeireform, dass die Direktion und auch die Autobahnpolizei in Rottweil bleiben konnte, sei ein Erfolg für den ganzen Kreis. Teufel, der Gesundheitspolitiker, regt aber auch zum Nachdenken an: Ob die CDU bereit sei, ein Dienstjahr im Bereich der Pflege einzuführen?
Einigkeit, Recht und Freiheit: Um das Deutschlandlied baut Strobl seine Rede auf. Und ein wenig auf den anwesenden Franz Sauter, der 1998, als die Nachricht vom Mauerfall in den Bundestag durchsickerte, dieses anstimmte. Spricht von denen, die spalteten, Unfrieden säten. Die das mit der Einigkeit nicht verstanden hätten. Die mit Enigkeit, Recht und Freiheit nichts am Hut hätten: Freiheit, die dort ihre Grenzen habe, wo sie die Freiheit anderer berühre. Werte seien das, so Strobl, die auch die EU einten. „Lassen Sie uns dieses Europa nicht schlecht reden!“ Immerhin habe diese Wertegemeinschaft 70 Jahre Frieden gebracht, „wir leben auf einer Insel der Glückseligen!“
Strobl fordert neue Straßen, „wir müssen darauf achten, dass der grüne Verkehrsminister das Geld aus Berlin auch abruft. Wir werden ein scharfes Auge darauf haben!“ Steuerliche Förderung für Forschung und kleine Unternehmen, „ich bin sicher, das gibt nochmals einen Innovationsschub!“ Er wirbt für den Koalitionsvertrag mit der SPD, „der ist so übel net“, und betont, dass da sehr viel CDU drinstecke. Und auch für Schwarz-Grün im Land, „es war richtig, dass wir Verantwortung fürs Land übernommen haben.“ Die Bildungspolitik der Vorgängerregierung war „eine Katastrophe“, die man jetzt Stück für Stück wieder aufs Gleis bringe.
Mehr Polizei, weniger Wohnungseinbrüche, schnelles Internet überall, die Erfolge der jetzigen Koalition. „Ich wurde ausgelacht, als ich gesagt habe, ich werde noch den letzten Schwarzwaldhof ans schnelle Internet anschließen.“ Und nun stecke man statt den versprochenen 300 Millionen sogar eine Milliarde Euro in den Breitbandausbau. Den Mitgliederentscheid der SPD werde man „mit Demut“ abwarten, und „wenn sich die Sozis vom Acker machen wie die FDP, dann machen wirs halt alleine. Und singet a Lied.“
Auch Volker Kauder geht auf den Breitbandausbau ein, aber auch auf den Mangel im sozialen Wohnungsbau. Man habe den Ländern das Geld dafür mitgegeben und werde nun kontrollieren, dass es nicht in Fahrradwege gesteckt werde.
Wenn die SPD zustimme, werde man sich in Berlin sofort an die Arbeit machen, verspricht Kauder, als erstes den Haushalt in Angriff nehmen. Keine neuen Schulden und den Schwerpunkt auf Investitionen, von 46 Millionen acht für die Flüchtlingsarbeit, „wir werden sehr genau schauen, dass das Geld auch bei den Kommunen ankommt!“ Für die gibt es Lob ebenso wie für die Ehrenamtlichen, die im Herbst 15 dafür gesorgt hätten, „dass wir nicht im Chaos versunken sind.“ Kauder steht zu Merkel: „Ich halte es nach wie vor für richtig, dass wir damals in der Not geholfen haben!“
Und er kann Selbstkritik, der Streit zwischen CDU und CSU, „wie die Kesselflicker“, habe sich auf das Wahlergebnis ausgewirkt, doch nun stehe das Regelwerk Migration im Koalitionsvertrag, „die Sozis haben sich gewehrt!“ Der Blick aufs Soziale sei in der CDU zurückgegangen, der auf die Menschen, die es schwerer haben, doch das gehöre zur Kernthematik. Aber: Wer sich beschwere, dass eine Friseurin zu wenig verdiene, müsse auch bereit sein, mehr als 20 Euro für einen Haarschnitt zu bezahlen. Mit einer Grundrente über Hartz 4 und dem Baukindergeld, „das kann sich dieses reiche Land leisten!“, will man hier gegensteuern, mit Bildung gegen Fachkräftemangel vorgehen. Die Schulen digitalisieren, die Lehrer fortbilden, „manchmal wissen die Knirpse mehr als die Lehrer!“ und das Thema Heimat wieder von der AfD zurückholen. „Diese Koalition hat mehr drauf!“, macht Kauder den Parteifreunden Mut. Anschließend wirbt Europapolitiker Andreas Schwab für die EU und es gibt Raum für Fragen an die Abgeordneten.