Der Schwarzwald ist “Wolferwartungsland” stellte Michael Lehrer, Bürgermeister von Aichhalden, Anfang des Jahres fest. Jetzt ist der erwartete, vielfach auch befürchtete, Fall eingetreten: Ein Wolfsrudel hat es bis nach Aichhalden geschafft, einer der Wölfe hat ein Tier aus dem Wildgehege gerissen. Und das alles im Maßstab 1:87!
Jedes Jahr denkt sich Roland Weber, selbstständiger Modelleisenbahnbauer, für die Schauanlage von Hans Peter Storz in Aichhalden eine neue Szenerie aus und greift dabei mit Vorliebe Themen auf, die die Region beschäftigen. So ragt aus der Mitte der Anlage der Rottweiler Testturm heraus – hier ist er immer noch im Bau, ganz vorne auf dem Kran posieren zwei Jugendliche.

Vor vier Jahren, zur Fußball-Weltmeisterschaft, erfüllte sich Weber einen persönlichen Wunsch. Seitdem tritt seine Lieblingssängerin Helene Fischer auf einer bunt beleuchteten Festivalbühne auf. In diesem Jahr nun wird es geradezu politisch: Über einem der Tunnel ist ein Wildgehege eingerichtet, einige Wölfe haben es auf die Tiere darin abgesehen. Ein Jäger steht bereit, Demonstranten verschaffen ihrem Wunsch nach einer schnellen Bekämpfung der Wölfe Gehör. Wie die Situation ausgeht, können die Besucher der Anlage an den beiden ersten Adventswochenenden sehen und hören.
Die “Wolfsecke” ist nur ein kleiner Teil der beeindruckenden Modelleisenbahnanlage, die Roland Weber seit 1998 eingerichtet und stetig erweitert hat. Seit er fünf Jahre alt war, begeistert er sich für Eisenbahnen und fürs Modellbauen. “Es gibt einfach kein schöneres Hobby!” ist er überzeugt – und hat sein Freizeitvergnügen kurzerhand zum Beruf gemacht. Für Sammler und Interessierte plant und baut er ganze Anlagen, meist arbeitet er an vier oder fünf Projekten gleichzeitig. Die Landschaft in Aichhalden liegt ihm aber besonders am Herzen: “Sie ist mein Erstlingsstück – und mein Lebenswerk”, sagt Weber. Bereits seit 19 Jahren öffnet er die Anlage im Advent für interessierte Besucher, der Andrang ist immer groß.
Doch trotz der Begeisterung der Gäste plagen ihn Nachwuchssorgen: Weber ist momentan der Einzige, der die komplexe Technik der Anlage bedienen, die Züge zum Fahren und das Gewitter zum Blitzen bringen kann. Er macht sich Gedanken, wer sich langfristig um die Anlage kümmern könnte. Eine Sorge, die so oder so ähnlich viele Modelleisenbahn-Freunde umtreibt.

Aus diesem Grund wurde der 2. Dezember vor zwei Jahren zum “Tag der Modelleisenbahn” erklärt. Deutschlandweit finden zu diesem Termin Aktionen statt, Vereine und Privatleute zeigen ihre Anlagen. Mit dabei sind auch die Modellbahnfreunde Eschachtal Stetten o. R. Sie laden zum Bastelnachmittag in ihr Vereinsheim ein, der “Lokdoktor” kümmert sich um defekte Züge der Besucher. Der Verein musste im Jahr 2011 sein Heim im Rottweiler Bahnhof nach dem Verkauf des Gebäudes räumen und baut nun seit zwei Jahren an der neuen Anlage in Stetten.
Als mögliche Ursache für das mangelnde Interesse der Kinder und Jugendlichen an Modelleisenbahnen müssen gemeinhin Handys und Computerspiele herhalten. Aber vielleicht bieten genau diese “neuen” Hobbys einen Zugang zum “alten” Freizeitvergnügen, werden doch mittlerweile vermehrt digitale Formate auf analoge Formen der Unterhaltung zurückübertragen. So wie Escape Rooms Computerspielszenarien in physisch erlebbare Abenteuer verwandeln, ließe sich der Grundgedanke von digitalen Rollenspielen durchaus auf das Modelleisenbahn-Universum anwenden. Die Zukunft der Modelleisenbahn ist offen – offen für Neues!
Tag der Modelleisenbahn
Hagen von Ortloff, langjähriger Moderator der SWR-Sendereihe “Eisenbahn-Romantik”, rief den Tag der Modelleisenbahn 2016 ins Leben, Mitinitiatoren waren der europäische Modellbahnverband MOROP, der Bundesverband Deutscher Eisenbahn-Freunde (BDEF) und der Modellbahnverband in Deutschland (MOBA). Alle Programmpunkte zum Aktionstag sind zu finden unter www.tag-der-modelleisenbahn.de
Info: Wer es am ersten Adventswochenende nicht geschafft hat, die Anlage in Aichhalden ist noch einmal am Samstag, 8., und Sonntag, 9. Dezember jeweils von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt beträgt 5 Euro für Erwachsene und 2,50 Euro für Kinder und wird komplett an die Kinder-Rehaklinik auf der Katharinenhöhe gespendet.
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