DEISSLINGEN – Über 15 Millionen Euro muss der Zweckverband Wasserversorgung Oberer Neckar (ZVON) in den kommenden Jahren investieren. Das erläuterte am Donnerstagabend Wellendingens Bürgermeister Thomas Albrecht bei der Sitzung des Verbands im Deißlinger Hotel Hirt.
Allein die nötige neue Ringleitung zwischen den Gemeinden, die der Verband versorgt, wird acht Millionen kosten und damit fast zwei Millionen mehr als 2016 geplant. Damals wurden bekannt, dass der Verband viele Jahre Investitionen verschlafen hatte und Hochbehälter, Leitungen und das Wasserwerk an der Neckarburg teils marode waren. Damals versuchten mehrere Gemeinden, darunter Deißlingen, dessen Ortsteil Lauffen mit Neckarwasser versorgt wird, aus dem Zweckverband auszusteigen, was aber nicht möglich war. Versorgt werden vom ZVON neben Lauffen die Gemeinden Wellendingen, Dietingen, Frittlingen, Zimmern unter der Burg, sowie Rottweils Stadtteile Neukirch, Zepfenhan, Feckenhausen und Neufra.
Einiges wurde bereits saniert, so die marode Quellfassung und eine schadhafte Stützmauer am Wasserwerk Neckarburg, das berichtete Gerd Schill von der Firma Fritz Planung aus Bad Urach. Positive Nachricht dabei: Die Quellschüttung war höher, was im heißen und trockenen Sommer half. Auch die Querung von B 14 und Bahnstrecke bei Neufra sei erledigt, außerdem habe man die Ferienhaussiedlung bei Feckenhausen neu angeschlossen – für 930.000 Euro. Schill betonte, dass mehrere marode Hochbehälter stillgelegt würden und nur der bei Neukirch saniert werde. Eigentlich habe man vorgehabt, die bestehenden Leitungen zu richten, doch das habe man inzwischen verworfen und werde stattdessen die Ringleitung neu verlegen. Was allerdings mit sehr hohem Aufwand verbunden sei, denn das Landratsamt Rottweil sei sehr gründlich, und so müsse man nun ein Planfeststellungsverfahren durchziehen, mit Umweltplanung, Arten-, Landschafts- und Denkmalschutz und vielem mehr. “Das ist eine hohe Hürde!”, so Schill.
90 Prozent der Trasse seien bereits vermessen, ein spezialisiertes Büro seit Mai in Sachen Artenschutz unterwegs und sei zwischen Dietingen und Irslingen auf Haselmäuse gestoßen, außerdem sei die Spelz-Trespe, ein schützendwertes Ackerkraut, entdeckt worden. Ziel der Planer sei es, die gesamten Unterlagen bis zum Frühjahr 2019 beim Landratsamt einreichen zu können. Auch am Wasserwerk sei noch viel zu tun, unter anderem müssten die undichten Wehrklappen saniert werden. Ein Berufstaucher werde sich das jetzt von unten anschauen, so Schill, er hoffe, dass die dafür angesetzten 60.000 Euro reichten und die undichten Stellen mit ein paar aufgeschaubten Blechen in den Griff zu bekommen seien. Probleme machten auch die Steuerungen der Hochbehälter. die seien so in die Jahre gekommen, dass es keine Ersatzteile mehr gebe – auch deshalb die Entscheidung, nur den in Neukirch zu sanieren und die anderen stillzulegen.
“15 Millionen sind viel Geld”, konstatierte dann auch Verbandsvorsitzender Albrecht, aber man sei auf einem guten Weg. “Ich werde nicht müde darauf hinzuweisen, dass das unsre Bürger deutlich mehr kosten wird!” so Deißlingens Bürgermeister Ralf Ulbrich. Ohne Groll zwar, wie er betonte, aber bei den vorgesehenen 15 Millionen fehle schließlich noch die Leitung nach Lauffen. Man habe bei der Bürgerversammlung den Betrag von maximal zwei Euro für den Kubikmeter Wasser an die Wand geworfen, “aber das wird nicht reichen!” Schätzungweise 20 Millionen werde man reißen, stimmte ihm Thomas Albrecht zu. “Das ist dem geschuldet, dass der Verband zusammengeblieben ist.”
Auch Dietingens Bürgermeister Frank Scholz kritisierte die lange Zeit der Nicht-Investitionen, doch nun sei es wichtig, dass die Bürger klare Zahlen auf den Tisch bekämen. Ob die angesetzten ein bis zwei Jahre für den Bau der neuen Ringleitung ausreichten, bezweifle er. “Das kann sich genausogut über viele Jahre erstrecken!” Sein Kollege Albrecht versprach, beim Landratsamt Druck zu machen: “Wir werden in aller Deutlichkeit sagen, worum es hier geht: Um die Wasserversorgung vieler Menschen!” Immerhin würde bei der Versorgung mit Glasfaser mitten durch den Wald gefräst. Und schnelles Internet könne man eben nicht trinken.
Der scheidende Verbandspfleger Hans Mauch stellte dann die Jahresrechnung vor, die immerhin einen positiven Aspekt hat: Es wurde mehr Wasser verkauft. Dennoch müssen die Bürger am dem kommenden Jahr zehn Cent mehr und damit 1,60 für den Kubikmeter Neckarwasser zahlen. Eine schmerzhafte Maßnahmen nannte das Frank Scholz, dem geschuldet, dass der Wasserpreis über viele Jahre nicht erhöht wurde. Er kritisierte dann auch die Begründung der Erhöhung in Mauchs Bericht, nach dem Zinsen und Tilgungen schuld am Anstieg seien.
Trotz all des Ärgers stimmten die Verbandsmitglieder einstimmig für die Jahresrechnung. Nachfolger Mauchs, der 34 Jahre für den Verband tätig war und mit einem Geschenkkorb verabschiedet wurde, ist Philippe Liebermann, Wellendingens Kämmerer. Der Verband wählte ihn einstimmig.