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Ein Bild ist nie fertig

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SCHRAMBERG –  Mehr als die Hälfte seines Lebens hat Rémy Trevisan in Schramberg verbracht – und doch bleibt er unüberhörbar Franzose. Der 1959 in Chaumont, einer Stadt in der Champagne, geborene Maler kam 1987 als junger Künstler nach Schramberg. Nun aus Anlass seines 60. Geburtstags widmet ihm Podium Kunst eine große Einzelausstellung im Schloss: „… Voyage 32… Malerei und Zeichnungen“.

Beim Atelierbesuch in der Oberndorfer Straße hängt eine große Leinwand an der Wand. Mit Bleistift hat Trevisan einige Strukturen skizziert. Ein großflächiges Muster aus schwarzen und weißen Flächen ist zu sehen, eine Figur zu erahnen. Davor ein Stuhl und ein Servierwagen mit Pinseln und Farben. Die Spätsommersonne strahlt herein. Trevisan kommt mit einer Kanne Tee und beginnt zu erzählen.

 

Im Gespräch

 

Mit dem Rucksack unterwegs

In seinen Jugendjahren sei er durch die Welt gereist. Südostasien, Indien und Nordafrika waren seine Stationen. „Zwei Jahre war ich mit dem Rucksack unterwegs“, erzählt er. „Die Erlebnisse und Eindrücke von damals beeinflussen bis heute meine Malerei.“ Er sei zwar kein religiöser Mensch, aber der Buddhismus und das Meditieren, die er damals kennen gelernt habe, hätten ihn  geprägt.

Anfang der 80er Jahre verschlägt es ihn nach Deutschland, er studiert zunächst an der Freien Kunstschule in Nürtingen und dann an der Staatlichen Akademie in Stuttgart.  Dort wird er Mitglied im Kunstverein. Ein Schramberger Mäzen lernt  ihn dort kennen und lockt ihn nach Schramberg. „In Stuttgart war es damals sehr schwierig ein Atelier zu finden.“

Zweite Heimat Schramberg

In den ersten Monaten arbeitet Trevisan in der Souterrainwohnung von Sibylle und Robert Drosten in der Goethestraße. Dann findet er eine dauerhafte Bleibe im ehemaligen Jugendhaus, dem heutigen JUKS, an der Schlossstraße. Von 1988 bis 90 kann er hier mietfrei arbeiten, unterrichtet dafür Kinder und Jugendliche. Als das JUKS sich vergrößert und die Räume selbst benötigt, zieht Trevisan in die Rausteinstraße und bleibt zehn Jahre in den ehemaligen Räumen der Firma King. „Das war eine harte Zeit, ich hatte keine Heizung“, erinnert sich der Maler an eiskalte Winter.

Es folgen glücklichere Jahre im ehemaligen Postgebäude, in dem er auch eine kleine private Malschule betreibt. „Ein tolles Gebäude“, so Trevisan, „und vor allem warm.“ Seit dem Abriss der Post hat Trevisan in dem Gründerzeitgebäude des Baumeisters Storz an der Oberndorfer Straße sein Atelier und ein großes Lager mit seinen Bildern.

Arbeits- und Lebensphasen

Die verschiedenen Arbeitsstätten Trevisans in Schramberg  sind deshalb bedeutsam, weil mit ihnen auch unterschiedliche Schaffensphasen einher gehen: Die ersten Jahre im JUKS überschreibt Trevisan mit „Ex animo – von Herzen“. Damals habe er sich intensiv mit Buddhismus und Meditation in seinen Bildern beschäftigt. Anschließend konzentriert er sich auf das Zeichnen mit Tusche und den Rhythmus der Linien.

Es folgt  die Bilderserie „Lacis – Netzwerk“ im alten Postamt und schließlich die Reihe „Durchblick“.  Im Storzbau beschäftigt er sich mit einer Mischung aus Zeichnung und Malerei, arbeitet mit Tusche, Bleistift, Pigmenten und  Acryl, mal auf Papier, mal auf der Leinwand. „Ohne die Zeichnungen könnte ich die Bilder nicht malen.“

Rémy Trevisan in seinem Atelier in der Oberndorfer Straße.

Er fühle sich im Schwarzwald sehr wohl, „die Landschaft ist phantastisch“. Auch dass er nicht in der Oberndorfer Straße im Atelier wohne, sei ein großer Vorteil: Er komme zum Malen hier her. „Nach fünf Stunde  gehe ich nach Hause und bin wieder in einer anderen Welt.“

Engagiert bei der Lebenshilfe und Podium Kunst

Neben seiner eigenen künstlerischen Arbeit hat Trevisan fast von Beginn seiner Schramberger Zeit an auch unterrichtet: „Seit 28 Jahren arbeite ich mit Menschen in der Lebenshilfe, anfangs nur in Waldmössingen, jetzt auch in Rottweil.“ 15 Jahre unterrichtete er auch bei der Volkshochschule in Schramberg.

Seit einigen Jahren ist Trevisan auch zweiter Vorsitzender des Schramberger Kunstvereins Podium Kunst. In vielen Einzelausstellungen und Ausstellungen mit anderen Künstlern waren Trevisans Werke schon zu sehen. Nun, zu seinem 60. Geburtstag würdigt ihn seine zweite Heimatstadt Schramberg, mit einer großen Ausstellung im Schloss.

Der Tee ist ausgetrunken, das Licht angenehm. Trevisan greift zu einem Stift, zieht einige weiße Linien auf einem schwarzen Feld und meint: „Ich könnte es eigentlich auch so lassen. Bilder sind nie fertig.“

Dünne Linien geben Struktur. Fotos: him

Info: Die Ausstellung „Rémy Trevisan „… Voyage 32… „Malerei und Zeichnungen wird am Freitag, 27. September um 19.30 Uhr von Oberbürgermeister Thomas Herzog eröffnet. Es sprechen außerdem der Vorsitzende von Podium Kunst Lars Bornschein und der Kunstwissenschaftler Joachim Penzel. Die Ausstellung ist bis 17. November im Schramberger Schloss zu sehen. Geöffnet Dienstag bis Samstag 13 bis 17 Uhr, Sonn- und Feiertage 11 bis 17 Uhr. Zur Ausstellung erscheint ein umfangreicher Katalog.

 

Martin Himmelheber (him)
... begann in den späten 70er Jahren als freier Mitarbeiter unter anderem bei der „Schwäbischen Zeitung“ in Schramberg. Mehr über ihn hier.

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