Erich Hausers Tochter, die promovierte Kulturwissenschaftlerin Andrea Hauser, Jahrgang 1957, ist Mitglied des Stiftungsrates der Kunststiftung. Im Gespräch mit der NRWZ erläutert sie ihre – ablehnende – Haltung zu den Nutzungsplänen.
NRWZ: Frau Dr. Hauser, das Areal Ihres Vaters auf der Saline soll verstärkt für externe Nutzungen freigegeben werden. Was halten Sie davon?
Andrea Hauser: Ich bin bestürzt über die Beschluss des Stiftungsrats am 5. Dezember, mit der Event-Agentur Trendfactory einen Exklusivvertrag abzuschließen und damit dieser Firma die Regie über das Hauser-Erbe zu übergeben und selbst nur noch das Ausnahme-Veranstaltungsrecht zu haben.
Katastrophal ist, dass damit eine Fremdnutzung ermöglicht wird, die überhaupt nichts mit den Zielen der Kunststiftung zu tun hat, sondern eine rein kommerzielle Vermarktung des herausragenden Kulturerbes darstellt. Die Kunst meines Vaters und das Ensemble aus Kunst, Gebäuden und Park werden zur reinen Staffage für beliebige Events herabgewürdigt.
Welche Bedenken haben Sie gegen diese Nutzung?
Die Familie Hauser hat natürlich keine Einwände, zur Steigerung der Einnahmen eine Fremdvermietung der Werkstatthalle und gegebenenfalls auch der anderen Räumlichkeiten in Betracht zu nehmen. Dies ist ja in den letzten Jahren schon erfolgreich praktiziert worden und könnte sicherlich noch forciert werden. Es ist jedoch prinzipiell etwas anderes, wenn in der Werkhalle kulturelle Veranstaltungen, wie etwa die „Sommersprossen“-Konzerte, oder im Besprechungsraum des Schwarzen Hauses themengebundene Sitzungen und Tagungen stattfinden, als wenn einer Event-Agentur die „Location“ gänzlich für eigene Gewinn- und Marketingzwecke übergeben wird, die in ihrer Selbstdarstellung keinerlei Kunstaffinität vorweist und in erster Linie „Geschäfts-Events, Workshops von großen Firmen, Weihnachtsfeiern und Hochzeiten“ durchführen wird.
Die Familie Hauser lehnt eine solche Verantwortungs- und Regieabgabe an eine Veranstaltungsagentur ab. Hinzu kommen zahlreiche ungeklärte Haftungsfragen.
Sie sind ja Mitglied des Stiftungsrats. Wurden die Bedenken aus Ihrer Sicht angemessen gewichtet?
Leider nein. Außer einem kurzen Telefonat gab es keinerlei Resonanz auf meine in mehrfachen Schreiben begründeten Bedenken. Nach der Beschlussfassung des Stiftungsrats schrieb mir der Vorsitzende, Herr von Haller, doch war dies letztlich nur eine Darlegung finanzieller Gesichtspunkte. Ich denke aber, diese kann man nicht losgelöst von inhaltlichen Fragen angehen.
Den Höhepunkt der Nichtbeachtung der Meinung der Familie und meines kulturwissenschaftlichen Sachverstandes stellt das letzte Protokoll dar. In ihm wird an keiner Stelle erwähnt, dass wir große Bedenken und Einwände gegen einen Exklusivvertrag haben. Auch nicht, dass wir im Vorfeld für eine Vertagung des Beschlusses und weitere Prüfung plädiert haben.
Ist diese erweiterte Nutzung aus Ihrer Sicht vereinbar mit dem, was Ihr Vater durch die Gründung der Stiftung erreichen wollte?
Damit ist meines Erachtens der Stiftungszeck nicht mehr zu erfüllen. Es wird zu Temin-Kollisionen kommen. Bei den zugrunde gelegten rund 20 Veranstaltungen pro Jahr ist ein regulärer Betrieb der Kunststiftung nicht mehr zu gewährleisten.
Es gibt Befürchtungen, dass das Areal auf der Saline künftig eher als Event-Location wahrgenommen wird, denn als Wirkungsort Erich Hausers – teilen Sie diese Bedenken?
Bei geplanten Mehreinnahmen von 100.000 Euro im Jahr kann das durchaus passieren. Es geht aber meines Erachtens um Prioritätensetzungen. Was will man? Will man das Schatzkästlein „Kunstareal Hauser“ professionalisieren und überregional sichtbar machen, oder will man kleine Brötchen backen. Muss ich wirklich noch einmal daran erinnern: Seit dem Preis der Biennale von Sao Paulo 1969 hat Erich Hauser in der Weltliga der Kunstszene gespielt.
Dass er trotzdem heimatverbunden und Rottweil treu geblieben ist, ehrt ihn und kann doch keinen Anlass zur Marginalisierung seines Werkes geben. Er hat internationale Kunst nach Rottweil geholt, eine Kunstsammlung von Weltruf und einen Skulpturengarten geschaffen, wie ihn keine andere Stadt hat. Rottweil hat damit ein Kunst-Pfund bekommen, mit dem es wuchern könnte. In dieser Perspektive verfügt die Stadt über eine herausragende Position im Stiftungsrat und hat aus meiner Sicht bisher wenig daraus gemacht.
Sehen Sie alternative Finanzierungsmöglichkeiten?
Kommune, Landkreis und Land Baden-Württemberg müssten endlich in ihre Verantwortung zur Kunstförderung in einer Weise eintreten, die dem herausragenden Kunstort „Kunststiftung Erich Hauser“ angemessen ist. Kunstaffine finanzstarke Sponsoren wären anzusprechen. Warum hat die Stadt nicht schon längst den Konnex zur Kunststiftung in die Verhandlungen mit ThyssenKrupp eingebracht? Als Stahlverarbeitungs-Konzern liegt die Verbindung doch auf der Hand! Und man sollte nicht zu klein von Erich Hauser denken, um zu meinen, eine Weltfirma könnte das nicht interessieren.
Das Ensemble müsste regelmäßige Öffnungszeiten bei der Erhebung einer Eintrittsgebühr erhalten, das Gelände müsste stadttouristisch vermarktet werden. Hier liegt – auch wirtschaftlich für Stadt und Land – ein Potential brach. Kurz, es gibt Alternativen zum Ausverkauf an eine Event-Firma.
Die Fragen stellte unser Redakteur Andreas Linsenmann.
Ich habe mir das Areal zu den üblichen, recht raren Öffnungszeiten, auch schon mit großer Begeisterung angesehen. An die Erhebung eines Eintritts kann ich mich nicht erinnern, auch die Preise für Kaffee und Kuchen waren äußerst zurückhaltend kalkuliert! Angesichts der Tatsache, dass sonst mittlerweile bei jedem Steinhaufen Kasse gemacht wird, könnten hier bei moderaten Preisen durchaus Einnahmen erzielt werden. Auch erscheint mir das Areal viel zu wenig bekannt, insbesondere überregional, von einer wirklichen Öffentlichkeitsarbeit seitens der Stiftung ist nichts zu spüren, es fällt mir hier das Wort „Dornröschenschlaf“ ein. Da braucht man sich über wenig Besucher nicht zu wundern. Aus… Weiterlesen »