Am vergangenen Samstag fand in Heiligenbronn eine Führung zu Kloster und Stiftung St. Franziskus Heiligenbronn statt, die der frühere Archivar Ewald Graf leitete. Zuvor informierte seine Nachfolgerin Tanja Schillinger alle Interessierten über das Kloster- und Stiftungsarchiv. Die Führung begann auf dem Klosterhof vor der Kirche St. Gallus, die in diesem Jahr auf ihr 150-jähriges Weihejubiläum zurückblicken kann. Am 18. Oktober findet daher auch ein Festvortrag zum Jubiläum statt.
Der Vorgängerbau der Kirche stand ein wenig versetzt und wurde während des Dreißigjährigen Krieges am 18. Oktober 1623 geweiht und mit einer Reliquie aus St. Gallen bestückt. „Die Quelle hat dem Ort den Namen gegeben“, erläuterte Graf bei der Führung, denn: „Von der Quelle ging die Besiedlung aus.“ Laut Sage soll das Quellwasser einen lahmen Hirten geheilt und einer blinden Adligen aus dem Burgstall das Augenlicht zurückgebracht haben, woraufhin sie im Wasser das Abbild der Mutter Gottes sah.
Im Anschluss daran setzte im Spätmittelalter eine rege Wallfahrt nach Heiligenbronn sein. Deshalb stellte sich die Frage stellte: “Wer betreut die Pilger?“ In einer Urkunde von 1385 wird ein Franziskanermönch namens Konrad erwähnt, der sich dieser Aufgabe annahm. Es entstanden eine Kirche auf der Anhöhe bei der heutigen Schwarzwaldstube und ein Pilgerhospiz. Bei der Quelle selbst entstand eine Pieta, die noch heute als Gnadenbild über der Quellfassung vorhanden ist. Aufgrund der Landwirtschaft muss das Wasser heute aus 40 Meter Tiefe angezapft werden, um reines Wasser erhalten zu können.
Verfallenes Kloster reaktiviert
Im Lauf der Jahrhunderte verfiel das Kloster und ein Versuch 1750 Mönche für Heiligenbronn zu gewinnen, scheiterte durch den Widerstand der Diözese Konstanz. Erst im 19. Jahrhundert mit dem Sulgener Vikar David Fuchs (1825-1885) rückte Heiligenbronn wieder ins Bewusstsein, da Fuchs dort eine Anstalt für Kinder errichtete, die er später auch auf Menschen mit Sinnesbehinderungen ausgeweitete.
Hierfür baute er mit Genehmigung des Grafen von Bissingen, der das Patronatsrecht inne hatte, und der Diözese Rottenburg-Stuttgart mehrere Schulgebäude, Gästewohnheime und Schwesternzimmer. Die heutige Kirche entstand nach zwei Blitzschlägen, die die alte verwüsteten. Dies deuteten die Schwestern als „Signal und Zeichen von oben, dass wir eine neue Kirche bauen müssen“, so Ewald Graf zur Geschichte von Heiligenbronn.
Als nächstes zeigte Graf seinem Publikum den Gebets- und Meditationsraum der Schwestern, das Oratorium, das „wieder in den original Zustand versetzt ist“. Gebetet haben die Schwestern dort „mit Blick zum Gnadenaltar“, der sich hinter zwei Fensterluken befindet, was Graf demonstrierte. Die erste Oberin war Schwester Franziska Glöckler, die ihre leibliche Schwester Elisabeth beerbte und nach der heute der große Begegnungssaal benannt ist. Diese hatten ein gutes Händchen für die Verwaltung des Klosters, die David Fuchs „nicht so genau“ nahm und lieber „auf Gott vertraut“ hat. Daher rührt auch der Spruch an seiner Büste „unverschämtes Gottvertrauen“.
Interessante Orgel
Die Führung führte die Teilnehmenden anschließend in die Kirche selbst, wo der Schramberger Kirchenmusikdirektor Rudi Schäfer über die hiesige Orgel berichtete. Die erste Orgel stammt von den Gebrüdern Link aus Giengen an der Brenz, die erstaunlicherweise evangelisch waren und dennoch damals die Orgel für das katholische Heiligenbronn bauen durften. Sie befand sich ursprünglich auf der ersten Empore, später musste eine zweite gebaut werden. „Heute ist es selten der Fall, dass die Kirche voll ist“, scherzte Graf.
Der Orgelbauer Späth hat die Orgel unter das Dach versetzt. Eine große Herausforderung beim Spielen sei die Verzögerung , die das Spielen nach Gehör verhindere. Die Wandmalereien stammen von Paul Hirt, der gehörlos war und einst selbst in Heiligenbronn lebte.
Im Jahr 2003 fand die letzte große Kirchenrenovierung statt, bei der der Hochaltar entfiel und die Abendmahldarstellung an die Seite rückte. David Fuchs gelang es weiterhin, eine Abbildung der Maria Königin aus dem 15. Jahrhundert aus Urspringen bei Ulm zu erhalten, die sich heute linker Hand befindet.
Der Kirchplatz konnte vor etwa zehn Jahren Behindertengerecht umgebaut werden. Der Rundgang führte danach zum 1890 angelegten Schwesternfriedhof, den heute die Gärtnerei betreut. Diese ist auch für die Gräber der Bewohner auf dem Gemeindefriedhof zuständig, wo auch Vikar David Fuchs einst beigesetzt wurde.
Heute leben noch etwa 25 Schwestern im Kloster, die sich jedoch selbst schon sehr einschränken, um der Stiftung mehr Raum zu bieten. Diese hat den gesamten Klosterbesitz und die Behindertenschule 1993 übernommen, um die Schwestern zu entlasten. Seither sind etliche Neubauten entstanden, wie die neue Gehörlosen- und Blindenschule St. Benedikt. Die Führung endete an der Büste des Gründers David Fuchs, ohne den Heiligenbronn heute sicher anders aussehen würde.