Eine Ära neigt sich dem Ende zu: Ingo Goritzki gibt die Leitung der „Sommersprossen“ ab. Für den Jahrgang 2018 zeichnet der international renommierte Oboist und Musikpädagoge noch verantwortlich, dann ist Schluss. Wer das Klassik-Festival künftig führt, ist offen.
Goritzki feiert am Donnerstag seinen 79. Geburtstag, ein Wechsel schien daher absehbar. Dennoch war es eine kleine Sensation, als Goritzki am Montagabend bei der Mitgliederversammlung des Freundeskreises Sommersprossen im Rottenmünster seinen baldigen Abschied bekanntgab.
Kein Wunder: Ingo Goritzki hat die „Sommersprossen“ seit Jahrzehnten geprägt. Gemeinsam mit seinem Bruder Johannes rief er das Festival 1967 unter dem Label „Rottweiler Kammerkonzerte“ ins Leben. Beide gehörten damals zu einem Kreis aufstrebender Musiker um den Geiger Sándor Végh, die ihre Verbindung trotz beginnender Karrieren nicht abbrechen lassen wollten und sich daher zum gemeinsamen Musizieren trafen.
Aus diesen Anfängen entstanden die „Sommersprossen“, die rasch überregionale Strahlkraft entfalteten und zu einem Aushängeschild für Rottweil wurden. Zwei Dekaden lang leiteten die Brüder das Festival im Tandem, ehe Ingo Goritzki, der neben einer regen Konzerttätigkeit Professuren an den Musikhochschulen Hannover und Stuttgart innehatte, 1987 die alleinige künstlerische Stabführung übernahm.
Seither hat er immer wieder mit inspirierenden, einfallsreichen Programmen überrascht und das Festival erfolgreich weiterentwickelt. Zuletzt hatte Goritzki, der seit 2012 aufgrund einer Gastprofessur an der Korea National University of Arts in Seoul einige Monate im Jahr in Korea lebt, dem glanzvollen 50. Jubiläums-Jahrgang 2017 ein spannendes Gepräge verliehen.
Was die „Sommersprossen“ von anderen Festivals unterscheidet ist nicht zuletzt der Stellenwert der Neuen Musik: Immer wieder gab es Uraufführungen von eigens für das Festival komponierten Werken – wodurch Rottweil über die Jahrzehnte ein Stück Musikgeschichte geschrieben hat. Die Verbindung zu den Komponisten entstand meist aus persönlicher Beziehung mit Ingo Goritzki.
Wie es mit den „Sommersprossen“ ab 2019 weitergeht, ist momentan offen. Kulturfachbereichsleiter Marco Schaffert erklärte auf Anfrage der NRWZ, es stehe noch nicht fest, wer die künstlerische Leitung übernimmt.